Montag, 7. Oktober 2019

Shirakawago und Takayama: Enttäuschung und Abzocke made in Japan

Fünfeinhalb Stunden sonniger Zugfahrt bringen mich nach Takayama.
Der erste Blick ist nicht überzeugend - eine Stadt wie jede andere - das 'Relax Hostel' wird seinem Namen nicht gerecht. Ein kalter Zweckbau - ich schlafe in einer 'Schublade' mit Ziehharmonika davor - eine Massenunterkunft mit über 100 Betten: Sauber, zombiehaft durchorganisiert - Frühstücksbuffet ab 7.00 h - um 7.05 h ist das Brot aus - neues gibt es keines !!! … mit 3000 Yen
( ca. 25 Euro) halt bezahlbar !




Der nächste Schock wartet am Busbahnhof: Der Bus nach Shirakawago kostet 4600 Yen, also
40 Euro für Hin- und Rückfahrt  - Tickets werden vorgebucht, der erste Bus morgens ist ausgebucht..







Am nächsten Morgen starte ich dennoch früh, denn in der 'Schublade' habe ich schlecht geschlafen.
Wieder wird mir beschieden der Bus sei voll - ich warte ab … - die Leute steigen ein - hinten bleiben 11 Plätze leer - ich werde herangewinkt und darf mitfahren.
Auf der Fahrt wird mir klar, weshalb der Bus teuer ist: Wir befinden uns auf einem 'Express-Highway' durch die Berge. Die bewaldeten steilen Berge sind hier durchlöchert, wie ein Schweizer Käse: 70 % der Strecke, die wir fahren, liegen im Tunnel; also auch keine schöne Aussicht während der Fahrt.



Das Wetter ist bescheiden; gestern bei der langen Zugfahrt eitel Sonnenschein - heute grau, trüb, Nieselregen.
Als ich um kurz vor 9.00 h in Shirakawago aus dem Bus steige bin ich echt frustriert: Scheißwetter, keine Sicht auf die Berge und die Unterkunft 20 Laufminuten entfernt in die aus dem Ort heraus laufende Richtung … - was soll ich hier bloß den ganzen Tag machen !?




Jammern hilft nicht - also erstmal losgehen den Ort anschauen. Ja, Shirakawago hat recht hübsche dreieckige Häuschen mit steilem Dach - aber UNESCO Weltkulturerbe; naja !
Ich schaue Blumen und Dachkonstruktion an, um mich an etwas hochzuziehen ….
Erneut wird mir klar, warum Japaner so gerne in die Alpen fahren: Dort gibt es nicht nur hübsche Häuschen, sondern auch noch echte hohe Berge und Kuckucksuhren !
Während zumindest der Nieselregen aufhört, besuche ich ein Haus von Innen - dreigeschossig - sehr offen gebaut, ganz interessant - wie im 'Heimatmuseum'.









Gegen 11.00 h lege ich mein Kleingepäck in der Unterkunft ab - 4000 Yen; allerdings hübsch und solide untergebracht und der Besitzer fährt mich wieder ins Dorf, weil ich erwähnte, es sei weit zu laufen gewesen.












Mittlerweile ist hier der Bär los: Japanische Touristen entströmen in Scharen den Bussen an zwei großen Parkplätzen. Einige Europäer schlendern dazwischen - überall wird 'geposed' fürs Foto - überall ist aus den Häuschen plötzlich ein Verkaufsladen geworden: 'Sarubobos' - kleine Glücksbringer, Gebäck, Sake, Tücher, Hüte und unzählige andere Dinge werden feil geboten.










Als ich mir ein Fläschchen 'Cider' wegen des netten Labels kaufe, stoße ich auf Zuckerwasser - fürchterlich - dann entdecke ich ein Schild, das mich wütend macht. War mir schon länger in Japan aufgefallen, dass hier nirgends Mülleimer stehen und ich meinen Müll abends im Hostel entsorgen muss … - hier bekomme ich es explizit schriftlich ! Sie scheuen sich nicht jeden Artikel dreimal einzupacken und nochmal in eine Plastiktüte zu stopfen, nein, sie fordern dich auch noch dazu auf, bloß nichts davon zurückzulassen.




Meine leere Ciderflasche mit der Keksverpackung trage ich daraufhin in den Laden zur Verkäuferin und frage sie höflich nach einem Mülleimer. 'No,no' - sie winkt mit beiden Händen ab - 'I bought this here - so were can I put it, if not here, if you don't provide a rubbishbin ?'
Eine zweite Verkäuferin nickt der Angesprochenen zu, denn bei ihr hatte ich es gekauft. Kurzes Gespräch auf Japanisch - mit zwei spitzen Fingern, als sei Jauche dran, nimmt sie mir schließlich die Flasche und das Plastikkekstütchen ab.
'Arigato' - und weg bin ich, damit sie mein breites Grinsen nicht sieht.




Mittlerweile kommt die Sonne ein wenig durch und am Ortsende ist auch das letzte Häuschen abgelichtet und ich entfliehe dem Rummel in den Wald. Wanderwege gibt es hier eher nicht, aber ein schöner Weg läuft schräg nach oben; allerdings endet er vor einem Tor - ein Schild bietet sicher eine Erklärung - für Japaner.







Das Tor lässt sich auf schmalem Pfad leicht umgehen und ich kann der Versuchung nicht widerstehen - ich kann ja jederzeit umkehren - sage ich mir.
Immer den Hang entlang bergauf laufend erreiche ich bald eine Schlucht, die ich steil und rutschig umgehen muss - der Pfad ist noch erkennbar; also weiter … - der Weg wird schlechter, aber umkehren kommt natürlich nicht mehr in Frage … - bloß kein Fehltritt, hier findet mich keiner … !
Nach eineinhalb Stunden mühsamen Absteigens komme ich da heraus, wo ich es vermutet hatte, nämlich in der Nähe des Aussichtspunktes oberhalb des Dorfes.




Dort treffe ich wieder auf die Communtity der Fotofreaks - für Selfies und Gruppenfotos vor dem berühmten Blick stehen sie Schlange. Das Fotolicht ist jetzt besser, als morgens und ich drehe eine weitere Runde durchs Dorf, bevor ich zur Unterkunft zurückkehre..
Ein Reiher fischt in den Frischwasserkanälen - aber die riesigen Regenbogenforellen sind ihm doch zu groß !







Am nächsten Morgen ist es herrlich ruhig und leer im Örtchen und es scheint sogar die Sonne. Die Berge ringsum sind weniger hoch, als ich dachte und die Hochtrassen der Straßen ziehen sich unschön über die Hänge, bevor sie in Tunneln verschwinden.
Bevor ich in den Bus nach Takayama steige, entströmen ihm bereits wieder die ersten Touristen - die Ortsansässigen können einem eigentlich fast leid tun; aber sicher leben sie finanziell gut davon.



In Takayama darf ich erst um 15.00 h erneut einchecken; also besorge ich mir Proviant und marschiere los zur Erkundung der alten Häuser, die es hier entlang des Flusses geben soll.





Stundenlang rauf und runter über einen kleinen Markt, eine rote Brücke und kreuz und quer des alten Häuserviertels entdecke ich Interessantes und Merkwürdiges, aber vor allem fällt mir auf, dass hier viele Japaner unterwegs sind - gerne auch ganz feudal für 4000 Yen die Stunde in einer Rikscha, denn Autoverkehr gibt es in diesem Viertel nicht.














































Als ich müde ins Hostel zurückkehre, erfolgt der nächste Schock: Die gleiche 'Schublade' soll nun 4500 Yen kosten - eine Unverschämtheit, wie ich finde. Ich könne auch stornieren wird mir mitgeteilt; dann zahle ich natürlich den gleichen Preis, denn so seien nun mal die Buchungsbedingungen !
Wäre morgen schon Festival - ich könnte es eher verstehen; aber das Festival beginnt erst am 9.10. und dann muss ich umziehen, weil in Takayama alles ausgebucht war.
Wer weiß, welche Überraschungen mich da noch erwarten; zur Zeit habe ich die Nase erstmal voll von Japan ….

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