Dienstag, 1. Oktober 2019

Eine Woche Railway-Pass: Mit dem Zug durch Japan - Himeji - Nara - Kanazawa



Bei traumhaftem Sonnenschein verlasse ich Kii-Tanabe mit einem weinenden Auge:
Welch ein Wanderwetter ! Doch der Railwaypass ruft und ist tatsächlich ein Türöffner überall.
Vorgezeigt - Ziel genannt - Zug und Gleis wird dir sofort genannt und los geht es:
Von Kii-Tanabe braucht der 'Bummel-JR' bis Shin-Osaka drei Stunden - umsteigen - der schnellere fährt in einer Stunde nach Himeji.






Die Burg ist wirklich absolut beeindruckend - der Touristenrummel allerdings auch. Zweieinhalb Stunden laufe ich bei dickster Mittagshitze los und stelle auf der Suche nach meiner Mütze fest: Sie ist weg ! Oje, ich hatte sie mit dem Handy beim Schuhe anziehen abgelegt …
- Handy auch weg ?
Das große Gepäck ist am Bahnhof im Schließfach, das kann ich erst später checken.




Ich versuche mich auf die irre dicken Balken und die Ausmaße des Schlosses zu konzentrieren, aber der Rummel ist wirklich erschlagend und gegen drei Uhr nehme ich den Zug nach Nara.
Das Handy ist im großen Rucksack - die Mütze nicht - schade, war meine Jakobswegmütze ... !





In zwei Stunden - wieder mit Umstieg in Shin-Osaka bin ich in Nara, wo mein 'Nara Backpackers' zwar nah am Tempel, aber 1,8 km von der JR-Station entfernt liegt. Die hübsche Stadt ist voller Leben, freue mich schon aufs Bummeln morgen, aber heute bin ich nach 35 Minuten Fußweg mit Backpack völlig platt.





Früh morgens ist es angenehm kühl und leer am 'Todaiji-Temple'. Für 600 Yen schaue ich mir den großen Buddha fast alleine an. Noch besser gefallen mir die grimmigen Tempelwächter ...















Dann kommen die Schulklassen: Kids in marineblau-weißer Schulkleidung haben ihren Spaß dabei sich durch das Loch einer Holzsäule zu quetschen, was Glück bringen soll.




Durch den Park am großen Tor sind rudelweise Hirsche und Kids unterwegs, wobei letztere erstere füttern und kreischend weglaufen, sobald ein Tier sie nur berührt. Arme Kids, völlig der Natur entwöhnt. Schon um 10.00 h ist es drückend heiß.









Anschließend werfe ich noch einen Blick in einen der Gärten, doch dann habe ich Hunger.










 


Ich beschließe schon meinen Rucksack zu holen, denn 2x mache ich den Fußweg zum Bahnhof nicht.
Eineinhalb Stunden - mir hängt der Magen in den Knien - versuche ich nun einen Platz zum Frühstücken zu finden, aber nicht nur das Museum ist zu (monday), sondern auch alle Läden ...
Ja, Samstag und Sonntag sei offen, deshalb ist Montag und Dienstag zu - na, klasse !




Um 12.00 h finde ich in einer überdachten Passage einen Supermarkt - welcome to plasticworld - in dem ich mich mit Essen und Limo eindecke. Die Limo entpuppt sich als mit Rum versetzt 9% - leicht beschwingt erreiche ich gegen 13.00 h den Bahnhof und bin unterwegs nach Kanazawa.

In gut drei Stunden entspannter Zugfahrt - Umstieg in Kyoto - erreiche ich die Stadt und habe diesmal direkt in Station-Nähe gebucht: Das 'Nagonde' liegt in 5 Laufminuten Entfernung …
- es wird mehr als eine Stunde draus, denn die Lady im Visitor-Center schickt mich zum
Westausgang raus.
Ich wundere mich zwar über die Glaspaläste, laufe aber brav drei Ampeln ab, denn es muss ja in einer Nebenstraße sein … - ist es nicht !





Eine Passantin kann zwar kein Englisch, möchte mir aber dringend helfen: Sie ruft sogar im Guesthouse an - dann bedeutet sie mir - ich möge ihr folgen. Meine Fragen kann sie nicht beantworten … - ich bin irritiert, denn wir laufen den kompletten Weg zurück !
Im Visitor-Center höre ich mir dann 100 Mal 'I'm sorry' mit 100 Verbeugungen an, weiß aber noch immer nicht, was los ist - und der verdammte Rucksack ist immer schwerer ...
Es stellt sich heraus, dass ich den Ostausgang hätte nehmen müssen … - I'm sorry, I'm sorry ...
Ich erhalte zur Wiedergutmachung einen Origamivogel geschenkt, was mir ein zerknirschtes Lächeln entlockt.
Ich bedanke mich nun vor allem bei der Passantin und bin zum Ostausgang raus in 5 Minuten am wunderschönen 'Nagonde' Guesthouse.

Ziemlich erschöpft zahle ich gleich und erkläre ein wenig meine Erschöpfung … - im Zimmer bin ich gerade dabei mich auszubreiten, als der Rezeptionist wieder erscheint: Eine japanische Frau wolle mich sprechen. Als ich runtergehe, steht dort tatsächlich die 'I'm sorry-Lady' aus dem Visitor-Center mit einem Süßigkeitsgeschenk für mich. Sie möchte mich außerdem zum Abendessen einladen … - das muss ich nun wirklich dankend ablehnen, nehme aber die Süßigkeiten und danke ihr mehrfach - ich hoffe die Ärmste kann nun heute Nacht besser schlafen - jedenfalls sehr beeindruckend lieb !

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Als mir der Rezeptionist nun noch ein Fahrrad zur Ausleihe zum Schnäppchenpreis von 500 Yen anbietet, bin ich begeistert, denn das löst die weiten Wege morgen.
Schon mehrfach hatte ich versucht Fahrräder zu leihen, war aber immer gescheitert. Nach Abendessen und Bier fühle ich mich besser und beschließe zwei Nächte zu bleiben, bevor ich nach Nagano weiterreise.



Der Fahrradtag ist fantastisch, denn trotz Hitze kommt frau prima und zielgerichtet vorwärts.
Die Stadt erscheint angenehm normal - weder hektisch, noch laut oder chaotisch. Die Sehenswürdigkeiten sind nicht überlaufen und Eintritte bezahlbar - sehr angenehm.
Das Guesthouse 'Nagonde' ist das absolut beste bisher: Helle freundliche Räume, kostenlos Handtücher, Kaffee oder Tee, nebst Knabberzeug, netter Rezeptionist - Preis/Leistung absolut stimmig !





Morgens komme ich erstmal am 'Omicho'-Market vorbei. In der geschlossenen Halle wird vor allem frischer Fisch verkauft - auch hier allerdings oft bereits in Plastik verpackt !

















Dann radele ich zum Castle, das kostenfrei in der Außenanlage besichtigt werden kann. Allein das begehbare riesengroße Tor mit Infos zum Bau ist interessant. Der dazu gehörige 'Kenrokuen Garden' ist ebenfalls sehenswert und mittags bin ich schon auf dem Weg zum Samurai-Häuserviertel, als mir eine nette Frau weiterhilft. Sie ist selbst mit dem Rad unterwegs - sieht mich mit Stadtplan hantieren und bietet an mir ein Stück voraus zu radeln.





Nach kurzer Strecke und Kreuzung einer Straße weist sie mir noch den Weg: 'Follow the small water' - das hilft ungemein in den engen Gassen - so erreiche ich leicht das zwischen zwei Bachläufen gelegene wunderschöne Häuserviertel, das zum Teil offene Häuserbegehungen ermöglicht, aber auch von Leuten bewohnt wird.
Im 'Nomura'-House (Name des Samurai) zahle ich Eintritt, aber es lohnt sich: Schöner Garten, viele Räume auf zwei Etagen endlich mal mit 'Innenleben' - sehr interessant.















Am Rückweg stoße ich noch auf den ungewöhnlichen 'Oyama Jinjia' Shrine - dann lege ich am 'Nagonde' eine Essenspause ein.










Um 16.30 h radele ich nochmal los in den Norden.
'Kazuemachi Chaya' und 'Higashi Chaya' heißen die beiden am Fluss gelegenen Viertel, wo man Geishas aufsuchen kann.





Natürlich benötigt man das nötige Kleingeld und die Einladung eines Japaners … - dennoch ist es köstlich zu sehen, wie viele Leute in der Dämmerung hier herum marschieren und sich gegenseitig vor weinroten oder dunkelbraunen abgeschotteten Holzhäusern fotografieren.
Aus einem der Häuser höre ich Zupfinstrumentenklänge; ansonsten gibt es Läden, die teures Porzellan, Süßigkeiten oder ähnliches anbieten.







Bei Dunkelheit bin ich zurück im Hostel - ein herrlicher Radeltag ohne Gepäck schleppen und morgen geht es weiter nach Nagano.


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