Montag, 20. Juli 2020

Eine Woche entlang der Weser: Hannoversch Münden bis Verden (325 Km)

Nach vier erholsamen Tagen zu Hause und einer deutlich besseren Wetterprognose wollte ich noch eine Fortsetzung wagen. Zunächst zu zweit starteten wir nach dreistündiger Zugfahrt im schönen Hann. Münden bei kühlen, aber relativ sonnigen 18 Grad Celsius zur ersten Etappe.


 


 





Noch schnell eine Curry-Wurst am Marktplatz, dann geht es vorbei am Benediktinerkloster Burstfelde nach Oedelsheim, wo wir den hölzernen 'Gestiefelten Kater' suchen und finden und dann per Fähre über die Weser setzen.

 


 


Im hübschen Campingplatz Gieselwerder mit Freibad nebenan, wo wir bibbernd eine schnelle Runde drehen, stellen wir das Zelt auf und genießen die sporadisch durch die Wolken brechenden Sonnenstrahlen.
Schon um 20.30 h wird es kühl und die Zeltnacht ist mit (und auch ohne) Blasenentzündung in jedem Fall zu kalt !






Erst nach 10.00 h wird weitergeradelt, denn das Zelt musste trocknen. Anfangs gibt es einige Steigungen, einmal sogar 25%; aber um so schöner sind hinterher die Abfahrten.
Die Landschaft ist wunderschön und Gegenwind gibt es auch keinen !







In Bad Karlshafen kaufen wir belegte Brötchen und Mohnkuchen - beim Weiterradeln machen wir Halt am Erdbeerfeld und pflücken uns welche fürs anschließende Picknick. Herrlich - endlich scheint auch die Sonne und über Beverungen und die Benediktinerabtei Herstelle geht es weiter auf Höxter zu.


 





Bei Live-Musik gibt es den Mohnkuchen im Strandstuhl, bevor wir in Höxter endlich zu Kaffee und Eis kommen. Endspurt nach Holzminden: um 17.30 h sind 49 Km geradelt und nach Dusche und Zeltbau radeln wir zum Marktplatz, um in der Abendsonne Lamm mit Auberginesalat zu bestellen und ein kaltes Krombacher zu trinken.


 



Zwei schöne Radeltage - wie ich finde - für den dritten Tag sind 57 Km bis Hameln geplant, wo wir uns ein Zimmer nehmen wollten; doch dann kommt alles mal wieder anders, als frau denkt:
Zelt packen und zum Kaffee nach Holzminden hineinradeln ist der Plan, doch mitten auf der Brücke ereilt mich der Ruf meines Begleiters. Er komme nicht weiter mit .... - er fahre nach Hause. ???

 








Die mageren Erklärungen beim Kaffee bleiben mir unklar - eigentlich bin ich fassungslos - aber ich werde jedenfalls weiterradeln, denn das Wetter ist erstmals grandios und wolkenlos !
Auf nach Hameln - die 30 Km bis Bodenwerder sind landschaftlich wunderschön, es gibt viel zu sehen und ich kann erstmals im Rock radeln und dauerhaften Sonnenschein genießen.





 


Bodenwerder ist die Münchhausen-Stadt: Vorbei am Münchhausenmuseum und durch die hübsche Altstadt, schaue ich mich dort um und gönne mir am Marktplatz ausnahmsweise 2 Kugeln Eis.
Sonnig und eben über Rühl und Börry geht es weiter - Brötchenpause unter Linden - schon um 15.00 h erreiche ich das 'Südbad' in Hameln und kann es nicht fassen: Von 6.30 - 10.00 und von 16.00 - 19.00 h ist es geöffnet. Der erste heiße Tag und ein Freibad, das über Mittag geschlossen ist !!!

 










Also weiterradeln zur Altstadt. Am Rathaus wird in einem Fenster mit beweglichen Figuren            und Glockenspiel die Geschichte des Rattenfängers gezeigt - alle gucken und staunen ;) Es gibt erneut Bummel und Eis,  bevor ich im Zeltplatz auf der anderen Weserseite unterkomme.




Mit wenig Überzeugung nehme ich einen kurzen, braunen Erfrischungsschwimm in der Weser, bevor ein Einkauf mir Sushi und Bier zum Abendessen beschert.
Wieder ist die Zeltnacht kalt und erst nach 8.00 h als die Sonne mein Zelt bescheint, krabbele ich morgens aus dem Schlafsack.






Bis Rinteln sind es nur 28 Km - eineinhalb Stunden verbringe ich dort bei 27 Grad Celsius Außentemperatur und 23 Grad Wassertemperatur mit Schwimmen und Lesen. Dann beschließe ich weiter zu fahren, denn abends ist schon wieder Regen angesagt.
Tatsächlich ist es schon ab 14.00 h kühl und bewölkt, als ich mich bei Eisbergen verfahre, was 4 km extra Zeit- und Kraftverlust bedeutet.






 


Schon um 15.30 h nach 42 Km lasse ich mich daher bei der Pension Siekmeyer in Veltheim nieder, wo ich komfortabel Dusche, Wlan und TV habe, während um 17.30 h der Nieselregen einsetzt, der später in Regen umschlägt !
Blasentee und kuschelnd im Bett lesen sind die Highlights - die Wetterprognose ist nicht gut !

















Als es am nächsten Morgen auch um 10.00 h noch immer nieselt, beschließe ich dennoch weiter zu fahren. Die Dame des Hauses spendiert mir und einem weiteren Gästepaar ein Gläschen Sekt zum Durchstarten - wie nett !
Der Nieselregen ist kaum spürbar, durchfeuchtet aber gleichmäßig ! Der Weg ist unspektakulär, die Blase schmerzt und ist trotz Tee und Tabletten wieder schlimmer geworden !
In Uffeln stoße ich nach einem Kaffee auf eine Apotheke - auch hier will man mir ohne Rezept keine Antibiotika geben, verweist mich aber an den Arzt gegenüber: Glück gehabt, denn es ist Mittwoch und 15 min. vor 12.00 h !
Natürlich ist nach 5 Tagen Beschwerden schon Blut und jede Menge Leukozyten im Urin ...
Um 12.00 h bin ich 25.- Euro ärmer, habe aber endlich Antibiotika im Gepäck und radele weiter.









Erst hinter Holtrup erkenne ich, dass ich falsch gefahren bin - umkehren will ich nicht !
Über Hügel auf und abfahrend erreiche ich eineinhalb Stunden später bei Hausberge die 'Porta Westfalica' und den Weserradweg, wo ich den Fluss über eine große Brücke queren muss.

 








Am Marktplatz in Minden kommt endlich wieder die Sonne heraus und später finde ich bei Petersberg den Gasthof 'Bad Hopfenberg', wo ich Unterkunft finde.









Die Etappe von Petersberg über Nienburg bis Drakenburg umfasst 54 Km und ist landschaftlich eher reizlos: Industrie, Sand- und Kiesabbau, Felder - schlechte Radwege und das Wetter grau in grau.




Der Altstadtbummel in Nienburg ist kurzweiliger. Ich erfahre die Legende vom 'wähligen Rott', die im 30jährigen Krieg siegreich gegen Tilly kämpfte.
Der kleine Zeltplatz des Bootsvereins in Drakenburg hat Selbst-check-in per Briefkasten und ist idyllisch ruhig gelegen. Ab 17.00 h gibt es blaue Himmelsflecken und die Temperatur steigt etwas an.



 



 

Am nächsten Tag ist das Wetter tatsächlich schön, aber die Strecke erneut langweilig. Über Altenbücken erreiche ich Hoya gegen Mittag, wo ich einkaufe, denn der Camping am Alveser See, der mein Ziel ist, liegt einsam.
Als ich ihn um 14.00 h erreiche ist es schwül und der See hat Blaualgen - Baden auf eigene Gefahr !
Ich nehme die Gefahr auf mich, dusche anschließend und verbringe einen geruhsamen Lesenachmittag vorm Zelt mit Nudelgericht und Rotwein zum Abendessen.





 























Am nächsten Morgen beschließe ich nur noch bis Verden zu radeln und dann mit dem Zug nach Hause zu fahren. Volle acht Stunden mit vier Umstiegen inklusive Baustellen, nicht funktionierenden Aufzügen an Bahnhöfen, ohne Sitzgelegenheiten am Bahnsteig, wird es wieder einmal dauern, bis ich abends um 21.30 Bonames erreiche.



Schlussbemerkung:
Rad fahren macht Spaß - aber eigentlich nur bei gutem Wetter - und das hat mir in diesem deutschen Sommer leider häufig gefehlt !


Einige Dinge sind mir aufgefallen und ich möchte sie hier noch loswerden.
Die Infrastruktur im Osten ist auch nach über 30 Jahren Mauerfall noch immer deutlich schlechter.
Radwege sind in schlechterem Zustand, Beschilderung, Informationen fehlen, Unterkünfte sind schwerer zu finden ... - die Menschen in Thüringen sind sehr hilfsbereit und freundlich - Sachsen-Anhalt bot eher den Gegenpol ... - die ländlichen Regionen an der Elbe liegen quasi alle 'hinter'm Deich' - schöne Häuser, aber tote Gegend mit viel schlechtem Wetter, wo ich mir niemals vorstellen könnte zu wohnen.
Im Osten gibt es quasi keine 'Ausländer' - nirgends habe ich jedenfalls welche gesehen !
Die Fremdenfeindlichkeit und den Rechtszulauf kann ich mir daher kaum erklären !

Mehr denn je genieße ich nach diesen Einblicken in ein mir bis dahin unbekanntes Deutschland die Heimkehr ins kulturell reichere und von der Sonne gesegnetere Rhein-Main-Gebiet !


Insgesamt bin ich in 24 Tagen 1045 Km geradelt - das macht einen Tagesschnitt von knapp 45 Km.
Viele Pedelec-Fahrer und Renn-Radfahrer haben mich überholt - nur sehr wenige Radler habe ich überholen können ; )







Aber ... - der Weg ist das 


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