Samstag, 30. November 2019

Antigua: Abenteuer am Acatenango

Problemlos erreiche ich für 2 Quetzal Fahrgeld per grünem Bus das 'Westin Camino Real' Hotel in Zona 10 und lasse mir an der Rezeption den Shuttle bestellen, der am Airport losfährt - tja, gut zu wissen !
Nach einer Stunde Wartezeit kommt er denn auch, hat nur drei Fahrgäste - mein Fahrpreis wird am Ende einfach von 75.- auf 90.- Quetzals erhöht (ca. 12 statt 10 Euro) - und so lande ich um die Mittagszeit im schönen Antigua.





Das Hostel 'Girasol' ist klein, liebevoll mit Palettenmöbeln eingerichtet und überall mit herrlichen Sonnenblumen bemalt und dekoriert. Mein Zimmer ist sauber, die Dusche im zweiten Anlauf heiß, das Mädel an der Rezeption 24 Stunden hilfsbereit und englischsprachig - wunderbar.





Antigua ist herrlich nostalgisch - natürlich auch touristisch, aber vor allem bewegt frau sich hier sofort extrem entspannt. Die Sonne scheint, die Natur rundum ist wundervoll - nur 40 km entfernt von der Hauptstadt !
Die historischen Gebäude zerbröseln unter der Sonne oder sind neu restauriert - dazwischen gibt es wenig - natürlich auch eine hübsche 'Plaza' - und alles ist in 'Avenidas' und 'Calles' im Schachbrettsystem durchnummeriert, so dass ich mich immer wieder prächtig verlaufe.







Kleine 'Tiendas' verkaufen Chips, Cola und Bier - einen Supermarkt finde ich nirgends. Ich esse in kleinen spelunkigen Restaurants wie dem 'La Canche' - hier gibt es für ca. 4.- Euro 'Pollo con Riz' mit einer speziellen Soße. In touristischen Restaurants zahlt man durchaus das 5fache …
Das häufig erhältliche, guemaltekische Bier heißt hier 'Gallo' - der Hahn - schmeckt prima zum Hühnchen ; )

















Ich besuche den 'Cerro de los Cruces', der einen schönen Ausblick auf die Stadt bietet und brauche eine Weile mein Hostel wieder zu finden.





Eigentlich will ich den 'Pacaya' Vulkan (2600 m) besteigen, aber dann erwische ich einen Flyer mit einer spannenderen Tour: Der 3900 m hohe 'Acatenango' lässt sich in 4-6 Stunden besteigen; auf seinem Gipfel kann frau zum nahe gelegenen 3600 m hohen Vulkan 'Fuego' schauen, der seinem Namen alle Ehre macht, weil er ständig aktiv ist.



Ich hole Infos ein, buche für den nächsten Tag die Tour über 'CA Travels' im Hostel 'Vagabundo' und bete zum Wettergott, denn eigentlich ist die nächsten zwei Tage Regen angesagt.
Um 8.00 Uhr werde ich abgeholt und der Bus füllt sich mit jungen Leuten zwischen 20 und 30 Jahren aus aller Welt: Emmanuel und Magelie de France, Paulina aus Belgien, Andrew aus Schottland, Allie aus Australien, ein Paar aus den Niederlanden, sowie eine Neuseeländerin und ein Langhaariger aus Maine sind mit von der Partie.








'Challange' - Ich bin der 'Oldtimer' in der Gruppe und obwohl Emmanuel eine kaputte Hüfte hat, wird sich herausstellen: Er rennt wie der Teufel.
Farah von CA Travels stellt sich und ihre erst 1 Jahr alte Eco Organisation vor und ich bin echt beeindruckt: Es werden nicht nur Jacke, Mütze, Handschuhe, Stirnlampe, 3-Liter-Bauchtrinksack und Schlafsack-Inlett gestellt; es gibt drei mitgeführte Mahlzeiten in Tupperboxen, sowie fertig aufgestellte Zelte, die mit 6 cm Matratzen und warmem Schlafsack ausgestattet sind, denn wir übernachten auf 3300 m Höhe, bevor wir um 4.00 Uhr den Gipfelsturm angehen.
Die lokalen Guides erhalten ein festes Gehalt und sie hat erreicht, dass sich im Männerland Guatemala die erste Frau zum Guide ausbilden lässt. Es ist 'Ornelia', die ihren Vater 'Jules', unseren Guide begleiten wird.


Vor dem Start gibt es ein Gruppenfoto - nachher auch ; )
Der Aufstieg ist von Anfang an kräftezehrend und ich habe Verdauungsprobleme … - erst nach Aufsuchen der Büsche komme ich besser voran - allerdings gehen wir nach einer Stunde bereits im Weiß der Wolken - mystische Stimmung im verwunschenen Wald, aber Frust für die Aussicht später.
Wir absolvieren schweißtreibende 1100 Höhenmeter, bevor wir nach vierdreiviertel Stunden (inklusive Lunchpause) gegen 15.15 Uhr unser Tagesziel das Zeltcamp am Hang direkt vor dem 'Fuego' liegend erreichen. Was wir sehen, ist eine weiße Wolkenwand. Es ist feucht und kühl - das Lagerfeuer wärmt ein wenig, aber qualmt höllisch - der Rauch brennt in den Augen - nicht sehr angenehm.














Bei heißer Schokolade sind trotzdem alle gut drauf und der Guide erzählt - er spricht nur Spanisch, wovon ich gut 80% verstehe - dass es oft gegen 18.00 Uhr aufklart. Während die Spaghetti im Topf auf dem Feuer blubbern, tatsächlich ein schwach gelblicher Schein - kurz erahnen wir die Umrisse des Vulkans vor uns. Gegen 19.00 Uhr ist es dunkel, aber Sterne und Sichelmond sind zu sehen und der 'Fuego' spuckt Feuer ! Euphorie bei einem Schluck Rotwein - dann krabbeln wir früh in die Schlafsäcke, denn um vier wird die Nacht zu ende sein.








Der Schlafsack ist warm, die Matratze prima; leider tue ich kein Auge zu, denn eine Regenschutzplane schlägt knatternd laut im Wind und die uns begleitenden Hunde winseln, bellen und quetschen sich außen direkt gegen meine Zeltwand.


Als ich aufstehen muss, fühle ich mich gerädert, spüre erneut meinen revoltierenden Magen und muss ohne Kaffee oder Tee losmarschieren - ich quäle mich in dem losen Geröllhang mit Stirnlampe nach oben - ohne entliehenen Stock undenkbar - und muss an O denken, die mich beim Wandern als 'Tier' bezeichnete und mir nicht glauben wollte, dass ich in Trekkinggruppen stets die Langsamste bin.
Schmunzelnd mit der Assoziation 'Tier' am Schlagzeug aus der 'Muppets-Show' geht es weiter bergan und schließlich erhalte ich gegen die auftretenden Kopfschmerzen eine Tablette vom Guide. Dennoch bin ich die letzte in der Reihe; selbst Ornelia überholt mich manchmal und fordert: 'Vamos !'










Die letzten 20 Minuten pfeift uns ein derart kalter Wind entgegen, dass ich mich frage, was zur Hölle ich oben soll, denn noch immer ist es auch stockdunkel ! Der Fuego ist nun nicht mehr zu sehen, denn wir sind nach hinten herum aufgestiegen.
Oben ist mir schwindelig vor Kälte und ich setze mich in ein etwas windschattiges Eckchen zum Durchschnaufen. Dann muss ich raus in den Wind, denn den Sonnenaufgang sieht frau nur oben.




Fotos schießen mit Handschuhen ist fast nicht möglich; aber ohne geht es auch nicht … - gut 30 Minuten muss ich aushalten, bevor die Sonnenstrahlen endlich ein schönes Licht erzeugen - der Vulkan spuckt jetzt nicht mehr rotes Feuer, sondern nur knallende Rauchwolken.
Natürlich ist die Aussicht grandios und - hey - ich habe 1700 Höhenmeter geschafft, Victoria ! Allerdings muss ich die auch wieder runter !




Der Abstieg ist erstmal echt leichter als gedacht: Fersen voran in Goliath-Schritten den Stock als Steuerbremse 'schwimme' ich den Lavalösshang hinab, der mich im Aufstieg so gequält hat.
Jetzt, wenn ich sehen kann, wo ich aufgestiegen bin, bin ich echt beeindruckt von der Kraxelei, die hinter mir liegt.
Um 7.00 Uhr fallen wir mit Bärenhunger übers Frühstück her: Rührei in der Muffinform über Feuer gebacken, Cornflakes mit Milchpulver werden mit heißem Wasser aufgegossen, am Feuer getoastetes Brot mit Marmelade und Nusscreme dazu gegessen - den Kaffee gibt es erst am Schluss.
Alle sind 'happy', dass wir etwas sehen konnten !


 


Um 8.15 Uhr ist bereits Abmarsch und nun folgt der Abstieg ohne Pause - mit Paulina bilde ich das Schlusslicht - kaum mal Zeit ein Foto zu machen - jetzt, wo die Sicht ins Tal herrlich frei ist.
Nach zwei Stunden schmerzt mein Knie heftig; mehrfach rutsche ich, denn die Steilheit in Kombination mit dem körnigen Untergrund ist höllisch.
 Als wir die Straße nach genau drei Stunden (also über 350 Höhenmeter pro Stunde) erreichen, warten die anderen mit Farah schon aufs Gruppenfoto.










Auf der Rückfahrt im Bus ist es still. Scheinbar sind auch die jungen Leute platt, denn viele dösen ein, während ich meine Fotos anschaue und mit Paulina plaudere.
Wir liefern das geliehene Equipement ab und werden nacheinander wieder in den Hostels abgesetzt - über eine WhatsApp-Gruppe können Fotos ausgetauscht werden ...
Schön war's, wenn auch anstrengend - um 13.00 Uhr bin ich im 'Girasol' und freue mich auf die heiße Dusche und mein gemütliches Zimmer nach dem kalten Vulkanabenteuer !