Dienstag, 22. April 2014

Sirup, Fudge und Pferdepisse: Indischer Eco-Tourism in Matheran

Nach schlafarmer Zugfahrt (drei fette Schnarcher im Zugabteil) und Umsteigeverbindungen über Neral fährt das Mini-Schaukelbähnchen in Jogger-Geschwindigkeit um 9.30 h los und erreicht über 214 Kurven, spektakuläre Ausblicke und schwindelerregende Tiefblicke die in roten Staub eingehüllte 'Hillstation' von Matheran, wo Motorfahrzeuge aller Art verboten sind ; )

 



 

Fix und alle nach gefühlten 36 Stunden auf den Beinen frage ich mich durch 6 Hotels und höre immer wieder das Gleiche: 'Today election - tommorrow long weekend - we are fully booked !' ... und die, die 'available' wären sind häßlich, komplett überteuert oder 'dürfen' nicht !
Ein Hotel teilt mir tatsächlich mit für 'Singles' gäbe es prinzipiell keine Zimmer - ein anderes hätte ein Zimmer, dürfe aber nicht, 'sorry', keine 'foreigner-licence' - mir platzt zwei Mal die Hutschnur und schließlich lande ich im 'unlicenced' 'Pramod' Lodge, wo es harte Betten, aber kühle Räume mit Dusche und TV für 450 Rps gibt. Leider befindet sich eine Baustelle nebenan ... - aber glücklicherweise wird hier noch von Hand gezimmert und gesägt - die Kreissäge bleibt mir also erspart ; )

Zwei Filme lang relaxe ich im Zimmer, bevor ich mich zwischen Pferde und Volk mische. Auch den Hunden scheint die Bergluft zu bekommen: Wohlgenährt in wahren Rudeln wälzen sie sich im roten Staub oder jagen sich ineinander verbeißend durch die Pferdepisse. 


Auf einen Anwohner kommen hier zwei Pferde und drei indische Touristen aus Mumbai. Die Pferde hat ein Halter meist im Doppelpack; sie haben klangvolle Namen, wie Romeo und Julia, Tom und Jerry oder auch Facebook und Twitter ; )



 

Wohlgenährte, reich beringte, gut betuchte indische Familien zelebrieren Naturfeeling, indem sie sich per Fuß-Rikscha ziehen oder hoch zu Ross am Zügel geführt zu den 2 - 5 km entfernten Aussichtspunkten bringen lassen. Erstmals sehe ich westliche Kleidung - eine dralle 15jährige - die 2L-Colaflasche am Hals - trägt ein lila T-Shirt mit der Aufschrift: 'Lazy but rich' - that's india !

 

Die Läden entlang der Hauptstraße haben alle das gleiche Angebot: Frucht-Fudge, grellfarbiges Wassereis, Chips, Sirupgetränke in allen Farben, pinkfarbene Zuckerwatte und Ledersandalen in allen Ausführungen. Es gibt Glücksspieltische mit Würfelbechern, Dosenwurfbuden und ein Krämerlädchen mit Shampoo, Waschmittel und Klopapier ... Verschiedene Restaurants bilden den Hintergrund - Wasser und Cola gibt es überall - Bier und Internet nirgends ! - 'Books ? - We don't have a bookshop here !' Tja, wie kann ich auch fragen - That's india !
 

Nach harter, aber kühler Nacht (Bett, bzw. Moskitos) spaziere ich um 6.00 h zum 'Sunrise-Viewpoint' - es ist herrlich still, mystisch dunstig - bloß der Sonnenaufgang fehlt ; )
Später absolviere ich einen kurzen Ritt auf 'Once again', einem jungen Schimmel, zum See und treffe 'Beena' aus Mumbai, 50 Jahre alt, die seit 25 Jahren mit ihrem Mann in New York lebt, hier ein Haus in Kolkata und Mumbai hat, des Geldscheffelns müde ist und nun endlich mal Indien kennenlernen möchte ; )

 

Wir plaudern beim Ablaufen der Aussichtspunkte - der Ausblick ist schön, aber doch immer ähnlich - ihr Redefluss dafür unaufhaltsam: Hillstations finde sie am schönsten; in Darjeeling sei sie auch schon gewesen und obwohl ihr die Städte zu laut seien, richte sie gerne mal ein neu erworbenes Haus selbst ein - öfter als zwei Mal im Jahr komme sie nicht - den Rest der Zeit stehe es halt leer ! That's india !



Sie ist total begeistert mich zu treffen, staunt über meine Reise; möchte auch eigentlich noch bleiben - überlegt sogar das Zimmer mit mir zu teilen; ich könne aber auch mit zu ihr nach Mumbai in ihr Haus kommen - aber jemand schuldet ihr noch Geld; das muss sie dann doch heute abend noch eintreiben in der Stadt ... - wer weiß ... ! Um 12.00 h verabschieden wir uns - vielleicht komme sie ... - ich halte Zimmersiesta und weiß, dass sie nicht kommen wird, ist vielleicht auch besser so ; )
Abends gehe ich 'Chinesisch' essen - recht lecker und eine ungewöhnlich große Portion.    Mit einem Bier auf dem Zimmer, das frau beim Chef in brauner Papiertüte beziehen kann - Plastiktüten sind hier verboten; Plastikflaschen liegen aber gerne mal im Wald, - schaue ich mir im TV 'The gods must be crazy' an - immer wieder schön !

Den Samstag vertrödele ich sinnlos - ohne Buch und Netz gar nicht so einfach - und selbst der Ferneher fällt manchmal aus, weil das Kabel schlapp macht. Außerdem haben die Arbeiter heute tatsächlich den Trennschleifer gefunden - unerträglich direkt vor der Zimmertür ... -  nach dem Joghurt-Mango-Banane Frühstück drehe ich also wieder eine Bewegungsrunde durchs Kaff und sitze an ruhigen schattigen Plätzen im Wald die Zeit aus.




Der Monkey-Viewpoint liegt im Westen - aber auch hier ist die Aussicht nicht wirklich anders: Ausgedörrte steile Hänge und bläulich weißer Dunst in der Ferne. Das Laufen geht schmerzfrei und recht flüssig und im Wald ist frau überwiegend allein - herrlich; während es auf dem Rückweg am Markt samstags auch wieder gedrängt voll ist.
Insgesamt dennoch eine gute Entscheidung zum Indien-Ausklang hierher zu kommen. Morgen geht es über Neral nach Mumbai - gleich durch zum Airport, wo ich erst um Mitternacht einchecken kann (Flug 2.20 h) - aber dort gibt es AC, Bücher und WiFi ; )    ... - das dachte ich zumindest !

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