Dienstag, 22. April 2014

Laut, verfallen, teuer: Ein Tag in Gwalior

Entspannt starte ich morgens vom leeren Bahnhof in Khajuraho mit einem General-Ticket, denn der Zug sei leer. Dies trifft für die erste Stunde auch zu. Dann wird es eben doch wieder voll - alles, wie gehabt: Schlafende Kinder in der Gepäckablage, verschenkte Luftballons, hereindrängende Leute, Minimalkonversation und nach insgesamt vier Stunden Fahrt: Flucht in Jhansi aus dem Abteil.

 

Mein Ticket hatte ich morgens spontan nach Gwalior gebucht (hübsches Fort) - in Jhansi müsste ich in den Bus einsteigen, um ins 18 km entfernte Orccha (Tempelruinen) zu fahren - meinem eigentlichen Ziel. Es ist quälend heiß und obwohl eine weitere Zugfahrt ermüdend sein wird, erscheint es einfacher, als den Busbahnhof zu suchen; also steige ich sechs Waggons weiter vorne in den nächstbesten Sleeper wieder ein, wo es auch heiß, aber weniger voll ist.

 

Das hübsche Zimmer ...
Als ich in Gwalior ankomme, ist es nach dem ruhigen Khajuraho ein Schock. Eine riesige laute Stadt, das gepriesene Fort auf einem Sandsteinplateau nirgendwo sichtbar und das empfohlene 'Hotel India' am Bahnhof ausgebucht. Gegenüber im 'Chandralok' gibt es Zimmer ohne Dusche ab 990 Rps aufwärts und meine einstündige Suche per Rikscha zeigt ein immer übleres Bild: Häßlich, düster und überteuert sind alle fünf Hotels, die ich mir anschaue und ich bin normalerweise nicht wählerisch !
Als ich zum 'Chandralok' zurückkehre und mich verzweifelt gebe, erhalte ich schließlich das Zimmer ohne Dusche für 770 Rps. Beim anschließenden Shopping (Abendessen in der Plastiktüte) entdecke ich einen kleinen begrünten Hof mit einem hübschen Haus mit Innenhof und bekomme ein schönes Zimmer mit Dusche und TV für 600 Rps geboten - dumm gelaufen ! Ich verbringe eine muffig warme Nacht im Chandralok und ziehe morgens um 7.00 Uhr sofort um.


Dann lasse ich mich in angenehmer Morgenkühle zum Fort fahren, das riesige Dimensionen hat, aber in äußerst zerfallendem Zustand ist. Über zwei langgestreckte gepflasterte Serpentinen muss ich hochlaufen und entrinne damit in der morgenlichen Kühle dem Lärm und Smog der Stadt.

 
 

Die Aussicht auf die Stadt ist herrlich,die Zwillingstürme des Eingangstores gigantisch und teilweise noch bemalt und gefliest ... - so weit das Postkartenfoto - das war es dann aber auch ! Das Tickethäuschen ist erst ab 9.00 h besetzt, das Tor dennoch offen ...- mein Rundgang am Man Singh Palast dauert nur 20 Minuten; dann habe ich gesehen, dass frau hier nichts verpasst: Karge, ungeschmückte, halb zerfallene Räume mit Nässeflecken; im Hof spielen ein paar Jugendliche Cricket. Beim Weg nach unten gerate ich bereits ins Schwitzen, obwohl es noch nicht einmal 9.00 h ist.

Man Singh Palast

Ein Rundgang durchs Moslem-Viertel ist gleichfalls erschütternd: Hier und da verwittern zwischen all dem Dreck und den rußigen niedrigen Häusern wunderschöne alte Havelis. Die knietiefe, offene, schwarzflüssige Abfallrinne stinkt fürchterlich und ist zusätzlich noch mit Müll gefüllt. Ein Chai am Straßenrand und zwei Bananen sind mein Frühstück - dann besuche ich das kleine Museum, das Steinskulpturen mit überwiegend abgeschlagenen Köpfen präsentiert. Einzig interessantes Exponat: 'Vainayaki' - eine weibliche Ganeshafigur mit Busen - das habe ich noch nirgends gesehen !

Steinlöwe am Museumseingang

Ein gelbes 'Tempo' Nr. 3 (dreirädriger Sechs-Sitzer mit fester Route) bringt mich zum Jai Vilas Palast, den ein exzentrischer Maharadscha im 19. Jahrhundert in einer Mischung aus dorisch-korinthischer Architektur bauen ließ und mit allerlei Teppichen, Silberwaren und Mobiliar aus Frankreich und Europa ausstatten ließ - unter anderem hängt hier der größte Kronleuchter der Welt an der Decke, deren Stabilität zuvor mit dem Aufhängen von acht Elefanten geprüft wurde. Mein Loose-Führer (Dez. 2012) gibt einen Eintrittspreis von 250 Rps an - an der Kasse möchten die Herrschaften 450 + 70 Fotogebühr + 30 Infobroschüre - ersticken sollen sie an ihrem Kitsch !




Ich trinke einen schlechten Kaffee aus einem Pappbecher in der Cafeteria und beschließe mein Geld lieber für ein gutes Essen auszugeben. Das empfohlene 'Blue Fox' im Hotel Shelter ist ruhig, kühl und düster. Ich bin der einzige Gast und bestelle 'Chicken Tikka Masala' 'boneless'! dazu 'Missi Roti' und Tee mit Zitrone - alles recht lecker für 335 Rps kein Schnäppchen, aber ok.

... mit grünem Hofgarten

Abends genieße ich mein hübsches Zimmer und freue mich auf eine Luxuszugfahrt nach Bhopal am nächsten Tag. Mein Bein ist deutlich belastbarer - der Flüssigkeitshaushalt wieder im Lot - mehr kann frau in Indien nicht erwarten.
 

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