Sonntag, 1. September 2019

Höllentrip in die Berge: 'Summit-Sieg' am 'Gunung Sesean'

Der Plan ist simpel: Frau nehme ein 'Bemu' (Sammeltaxi) nach 'Bolu' von dort ein weiteres bis 'Tinimbayo' - Aussicht anschauen, wandern über 'Berurung' nach 'Batutumonga'. Am nächsten Tag in vier Stunden zurückwandern bis 'Tikale' und von dort mit dem 'Bema' zurück nach Rantepao.

Tja, bis Bolu funktioniert der Plan reibungslos, aber das nächste 'Bemu' ist leer … Sammelzeit ca.
1 Stunde - nein, danke - die Alternative ist ein Motortaxi:
Preis verhandelt, Helm eingefordert und los geht's: Nach der ersten Minute sehne ich mich nach Franziska, nach fünf Minuten bete ich bei jedem Schlagloch und versuche mich vorschriftsmäßig mit in die Kurven zu legen, obwohl gerade ein Laster entgegenkommt.



Nach fünfzehn Minuten erreichen wir das wunderschöne 'Deri' mit dem Megalithensteinkreis, gerne würde ich die Beine strecken und ein Foto machen, aber auf meine Bitte hin, sagt der Fahrer 'yes' und röhrt den nächsten Schlaglochhang hoch. … er versteht halt kein Englisch.




Zwischendrin versuche ich die schöne Landschaft in mich aufzunehmen, doch dann weichen wir gerade schlenkernd einem kläffenden Hund aus, der vom Fahrer noch einen Tritt erhält ...
Nach zwanzig Minuten beginne ich dennoch mich ein wenig zu erholen, denn plötzlich ist die Straße besser … - leider ein Grund für den Fahrer voll aufzudrehen. Ich schwöre mir innerlich nie wieder ein Motorbike zu besteigen, sollte ich die Fahrt heil überstehen, weiß aber sofort, dass ich das hier nicht einhalten kann, wenn ich etwas sehen will.
Plötzlich sind wir nach 30 Minuten Höllenfahrt da: Zwei geschlossene Kaffeestände am Straßenrand und die Aussicht auf tief darunter liegende Reisfelder im gleißenden Gegenlicht.




Batutumonga ? Handzeichen winkt geradeaus: This way !
Ich zahle, schieße lustlos zwei Gegenlichtfotos und laufe los. An der nächsten Möglichkeit verlasse ich die Straße und schlage mich weiter durch zwei kleine Dörfer laufend und fragend bis Batutumonga durch - es ist gerade mal 10 Uhr !
Im 'Saman' Cofé & Guesthouse ohne Dusche, aber mit Frühstück lasse ich meinen Tagesrucksack und laufe weiter bergab durch die wunderschön angelegten Reisfelder Richtung 'Bori', als das Wetter beginnt umzuschlagen. Kalter Wind, grau jagende Wolken - ich gehe weiter, aber als der Pfad nach über einer Stunde extrem steil im Nichts verschwindet, drehe ich um.





Zurück an den Reisfeldern zeichne ich eine Stunde, bevor mich die Kälte wieder zur Bewegung zwingt: Bis 'Lo'kokate' laufe ich eine halbe Stunde - am 'Heiligen Fels', ich mache einen  falschen Schritt, knickt mir das Knie weg - ich falle weich, fluche, massiere, gehe vorsichtig weiter.
Ein Rudel Motorbiker kommt mir halsbrecherisch entgegen - mindestens 30 Fahrzeuge mit je 2-3 Leuten besetzt, die johlen und winken. Ich winke und fotografiere ...








Um 17.00 h bin ich zurück, verdrücke hungrig ein 'Mie Goreng' und gehe ohne Dusche, Buch und Pullover frierend aufs Zimmer.





Am nächsten Morgen ist beim Frühstück keine Wetterbesserung in Sicht. Erst als ich an der entscheidenden Straßenkreuzung bin, zieht plötzlich die Sonne hinter den Wolken hervor.
Meine Chance: Ich schaue auf zum mächtigen 'Gunung Sesean', einem mächtigen Berg, der mich gestern schon anzog und beschließe den Gipfel zu wagen.
4 km und eine Stunde Aufstieg ist die Auskunft - niemals - aber ich gehe los.
Nach einer Stunde ist gerade mal ein erstes Plateau erreicht und ich habe den dichten Bambuswald verlassen.
Die Blicke sind jetzt schon toll, denn das Wolkenmeer liegt unter mir. Ich erreiche eine Hochebene, wo reihenweise Zelte stehen und junge Leute Gitarre spielen, frühstücken oder packen.
Mir fällt ein, es ist Sonntag - das hier ist der Wochenendausflug der Jugend.
Alone ? Yes. No 'guide' ? No. German ? Yes. Be careful Misses - one hour to summit !






Während die Wolken immer mal wieder zu und aufziehen, wandere ich weiter auf sehr engem Pfad:
Rechts der Abgrund, links brusthohes Gebüsch, vor mir plötzlich eine fauchende Wildkatze, die mich zu Tode erschreckt, bevor sie verschwindet.




Ich gebe mir selbst noch 30 Minuten, wenn ich dann nicht oben bin, kehre ich um … - niemals, sage ich mir nach 30 Minuten, du musst gleich da sein … - und plötzlich, nach besonders rutschigem Steilstück stehe ich in der Sonne am Abgrund auf einem großen Felsen mit einem Metallschild:
Gunung Sesean 2195 Meter - der Gipfel !
Genau 7 Minuten verbringe ich staunend dort in der Sonne und genieße den 360-Grad-Blick, bevor plötzlich heftig wallende Wolken die Felswand hochschießen und alles einhüllen.

Oh Happy Day ! Es gibt nichts Schöneres, als einen Sonnengipfel nach vollbrachter Tat !




Der Rückweg ist ermüdend, denn mit meinem Knie gehe ich extrem vorsichtig bergab, da es matschig und rutschig ist. Um 11.00 Uhr machen meine Beine gerade eine Pause, als vier junge Indonesier ein Foto mit mir möchten - aber, klar doch ; ) Sie verabschieden sich mit Verbeugung und Handschlag … - be careful, Misses ! Scheinbar bin ich hier der einzige europäische Dino ohne Guide.

Als ich gegen 12.00 Uhr wieder an der Straße bin liegt noch der Marsch bis Tikala vor mir, aber 4 km (auf einem Schild angegeben) erscheinen mir zu wenig. Nach 30 Minuten hält ein alter Mann mit Motorbike neben mir. Er trägt mehr Lachfalten im Gesicht, als Zähne im Mund.
Rantepao ? Yes, you are Taxi ? How much ? Wortlos zieht er einen 20.000er aus der Tasche und hält ihn hoch. Ich bin müde und kann nicht widerstehen.
Noch bevor ich nachdenken kann, sitze ich hinter ihm - ohne Helm, ohne Sonnenbrille, die ich verloren habe - und bitte bloß 'slowly, please' ...


Er gibt sich alle Mühe, aber 'slowly' ist anders - dennoch fühle ich mich bei ihm aufgrund seines Alters sicherer, als bei dem Fahrer morgens oder bin ich jetzt abgebrühter ?
Holpernd und ratternd erreichen wir Tikala nach 20 Minuten; nach weiteren 10 Minuten setzt er mich an der Hauptstraße in Rantepao ab. Das hätte ich niemals mehr laufen können !
Ach ist das schön, wenn frau es heil überstanden hat ; )



Ich erkläre diesen Tag zu meinem Special 'Perfect day'; denn auch wenn das Wetter nicht optimal war, so hatte ich eine Menge Spaß, Bewegung und Glück, am Gipfel die Sonne zu sehen und heil zurückgekommen zu sein. Das muss gefeiert werden:
Für 18.00 h bestelle ich im 'Rimiko' ein Toraja-Gericht, das zwei Stunden Vorbereitung benötigt: 'Chicken cooked in Bamboo mit Banana und Coconut' ; )







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