Donnerstag, 28. November 2013

Walk on the wildside: Zehn Tage durch Tasmanien

Tag eins: Der Flug Melbourne - Hobart startet zwar mit Verspätung; aber nach einer Stunde Flug lande ich gegen 17.30 h in Hobart, wo sofort ein Polizeihund an meiner Bauchtasche rumschnüffelt. Ich muss sie abnehmen und auf den Boden legen, dort darf er weiterschnüffeln ... - 'da ist bloß mein Geld drin', sage ich und darf es ungefilzt wieder an mich nehmen. Meine Essenestasche mit Instantkaffee, Speiseöl, Brot und Gewürzen war wohl uninteressant ; )



Der 'Redline'-Shuttlebus bringt mich zum YHA in die Stadt, wo ich das angeblich letzte Bett bekomme - zur Straße raus, sehr laut, wie sich später herausstellt. Gleich an der Rezeption mache ich die Bekanntschaft von Rainer aus Deutschland, der allerdings seit 30 Jahren in Queensland lebt und hier gerade eine Tasmanienwoche mit Mietauto alleine hinter sich gebracht hat.










Tag zwei: Nach dem Frühstück gehe ich bei herrlichem Wetter mit Rainer zum 'Botanical Garden' , der sehr schön angelegt ist - wir lassen uns von einem Paar im Auto zum Hafen mitnehmen, weil der nächste Bus erst eine Stunde später fährt. Spontan hole ich Handtuch und Badeanzug und wir fahren mit dem Bus zum 'Sandy Beach', wo ich zu einer kleinen Floßinsel rausschwimme und mich anschließend in der Sonne trocknen lasse.
Abends beschließe ich bei 'underdownunder' für 755 Dollar die 6-Tages-Explorertour zu buchen - 5 Übernachtungen mit Frühstück und 2 Abendessen inklusive. 'Thrifty'- carrental war ausgebucht, auf meinen Aushang am Brett hatte sich niemand gemeldet und von zwei verschiedenen Leuten hatte ich Positives übers Programm gehört. Auch Cradle Mountain NP - Wanderung sollte drin sein ...



Tag drei: Frühmorgenlicher Wolkendunst lässt mich zögern, aber gegen 9.15 h nehme ich dann doch den 48er Bus nach  'Fern Tree'. Von dort führt mich ein feuchter Waldpfad zunächst zu einem Wasserfall und dann zu den 'Springs', wo ein großer Parkplatz mit Infotafeln und Toiletten ausgestattet ist.
Ich laufe gleich weiter über den Pinnacles-Trek immer schräg den Hang entlang durch herrliche Vegetation - Büsche, Eukalypthus etc. und der Morgendunst verzieht sich mehr und mehr.

Ausblick am Mount Wellington

Nach eineinhalb Stunden geht der Endspurt über den Zic-Zac-Track steil bergan und gegen 12.20 h erreiche ich bei grandioser Fernsicht das Gipfelplateau des Mount Wellington auf 1400 m Höhe. Jede Menge Autos fahren hier über die Rückseite des Berges bis ganz rauf.  An mehreren Gipfelplattformen sehe ich über die unzähligen Buchten zu drei Seiten Hobarts und natürlich auf die Stadt selbst. Rechts sehe ich sogar noch Bruny-Island im Meeresdunst liegen.
Nach ausgiebiger Gipfelrast mache ich mich über den Icehouse-Trek auf den Rückweg. Dieser verläuft zunächst sanft abfallend am oberen Plateaurand entlang durch niederes Gestrüpp und dann durch große runde Felsen immer steiler bergab. Er ist länger und anstrengender, aber auch wunderschön.

 

Als ich sicher 30 Minuten lang in äußerst steilem großgerölligem Bachbett absteige, zweifle ich schon daran, ob ich noch richtig bin, aber endlich erreiche ich gegen 16.00 h wieder von anderer Seite die 'Springs'.
Versuchsweise halte ich den Daumen raus, als ein roter Wagen vorbeifährt - und er hält tatsächlich sofort an. Die Leute nehmen mich freundlicherweise gleich bis Hobart mit und ich beschließe: Das war PERFECT DAY VIII !
Noch ahne ich nicht, dass es auch für die ganze Woche der letzte sonnige Tag sein würde. Abends treffe ich mich nochmal mit Rainer auf ein Bier im Hafen und verabschiede mich, da er am nächsten Tag zurückfliegt - er war mit einer Tour auf den Berg gefahren und auf der anderen Seite nach Hobart runter gelaufen.


Tag vier:  Um 8.00 h holt uns der Bus ab. Robert, der Busfahrer, ist 57 aus Hobart und ein freundlicher, lustiger Knabe. Wir fahren mit mehreren Spaziergangpausen über Lake Dove bis Strahan.

Mining-Railwaytruck

Das Wetter ist wolkig, aber noch recht warm. Abends gibt es Barbecue in einem Hüttencamp. Die Gruppe ist nett, 'erwachsen' und absolut international: Toshiro (60) und Shio (25) aus Japan, Netty und Daphne (24) aus Israel, Nicole (38) aus der Schweiz, Stefan (32) aus Deutschland, Jessica (29) aus Frankreich, Penny und David (um die 65) aus Colorado, Elly (62) aus den Niederlanden, Diana (32) aus Portugal und meine Wenigkeit - ein rundes Dutzend also.



Strahan ist ein fast totes ehemaliges Minenschürfstädtchen. Die alte Railwaytrasse ist noch zu sehen - eine kleine Bucht mit Flusshafen - ein paar winzige Geschäfte - die Rivercruise wird für 80 Dollar am nächsten
Tag angeboten. Ich beschließe lieber zu wandern.

Auf der Riesendüne


Tag fünf: Während acht Leute die Cruise-Tour buchen, fährt Robert uns eine gute Stunde nach Rosebury, wo wir dem ehemaligen Railwaytrail durch dichten triefnassen Regenwald bis zu einem tollen 104 m hohen Wasserfall folgen.

McKenzie-Falls
  
Die Schuhe sind matschignass und wir müssen den gleichen Weg zurückgehen. In Strahan sammeln wir die Bootsfahrer auf und fahren zu einer den Küstenwald schluckenden Riesendüne, die wir barfuß erklettern und an anderer Stelle wieder nach unten laufen. Am Staßenrand sehen wir einen Echidna, einen Ameisenigel, der allerdings in Panik seine Schnauze eingräbt und partout nicht in die Kamera lächeln möchte ; )




Abends ist Mitmachtheater angesagt: 'The Ship, that never was' erzählt den Fluchtversuch einiger Gefangener im 19. Jahrhundert, die hier auf Tasmanien interniert waren. Nur zwei Schauspieler bauen ein Schiff - rekrutieren ein Dutzend Leute aus dem Publikum (bei uns undenkbar) und inszenieren so auf witzige Weise die Ereignisse. Obwohl die Flucht misslang, gab es doch einige Jahre später für die meisten Häftlinge ein 'Happy End', da sie freigelassen wurden, weil das Schiff, das sie stahlen, niemals namentlich registriert und somit auch nicht als 'Diebstahl' gemeldet worden war.


Tag sechs: Das Wetter ist eiskalt und tiefbewölkt, als wir nach 2 Stunden Fahrt den Cradle Mountain NP erreichen. Mit den ersten Regentropfen wandern wir los - meine Regenhose ist so tief im Rucksack und dieser wieder ganz unten im Anhänger, dass ich nur die Fleecehose überziehe und losmarschiere. Als einzige nehme ich den kürzeren steileren Aufstieg zu 'Marians Lookout' und bin daher 20 Minuten vor den anderen oben.


Marianas Lookout in den Cradle-Mountains

Es regnet mittlerweile in Srömen, ist aber glücklicherweise eher windstill. Nach Gruppenfoto und kurzer Sandwich-Pause geht es über eine Teilstück des Overlandtrack zurück zu einem anderen Parkplatz, wo Robert uns erwartet.

... wenigstens die Jacken sind bunt







Die Landschaft ist trotz Regen wunderschön und kurz vorm Parkplatz stoßen wir auf Gras fressende Wombats, die sich von uns in keiner Weise stören lassen. Auch sie gehören zu den Marsipul und sehen Koalas tatsächlich recht ähnlich.



Wombat










In der nahe liegenden Lodge, wo wir eine Stunde aufwärmen, ziehe ich Überhose, Schuhe und Strümpfe aus, denn alles ist quatschnass - die orange Regenjacke vollgesogen bis ins Innenfutter. Ein heißer Cappucchino hilft; dann fahren wir weitere drei Stunden weiter bis Launceston, wo wir  Backpacker einchecken. Mit Nicole koche ich ein Kartoffel-Fleischgericht und trinke einen Rotwein dazu.

Tag sieben: Entgegen der fürchterlichen Wettervorhersage ist der Himmel morgens blau. Wir laufen früh durch die eher uninteressante Gorge in Launceston, halten zwei Stunden später in Scottsdale auf einen Kaffee und erreichen mittags die traumhaft schöne 'Bay of Fires', wo nicht nur ein Tannin haltiger rostroter Fluss ins Meer fließt, sondern auch die Felsen durch orangroten symbiothischen Bewuchs hellrot in der Sonne leuchten.

Rostroter Fluss
Bay of Fires


Der Kontrast zum türkisgrünen Wasser und weißen sandstrand ist absolut fotogen. fast drei Stunden verbringen wir wandernd, kletternd und fotografierend am Strand, bevor wir weiterfahren zum 'Shelly Beach', der über und über voller kleiner Muscheln ist. Erst gegen 18.00 Uhr erreichen wir Bicheno, wo wir gerade Zeit zum Duschen und Essen haben, bevor wir um 21.00 h zum 'Pinguin Watch' aufbrechen.
Die kurze Busfahrt lädt uns am Strand aus, wo eine Rangerin uns Bruthilfskisten zeigt und einiges erklärt. Fotos sind nicht erlaubt - dafür wird eifrig mit der Taschenlampe geleuchtet. Und da kommen sie:

 




Dutzendweise watscheln die kleinen blauen Kerlchen über Stock und Stein vom Strand hoch, um zu ihren Nestern und Brutkisten zurückzukehren und ihre Jungen zu füttern.
Ein köstlicher Anblick und ein richtig toller, aber ermüdender PERFECT DAY IX !





Tag acht: Hundemüde setze ich mich um 7.30 h in den Bus und erwische nur die letzte Bank - das gute Wetter macht wiedermal Pause und dabei soll es heute zur 'Wineglassbay' gehen ! Als wir gegen 9.00 h

losgehen sind wir schon froh, dass der Nieselregen bald aufhört. Am Aussichtspunkt erwartet uns eine weiße Wolkenwand.
'Wineglasbay' - da irgendwo


Die Landschaft mit großen roten Boulderfelsen ist dennoch wunderschön. Nach dem steilen Abstieg zur Bucht erwartet uns feinster weißer Sandstrand, der zum Baden einlüde, wäre da nicht der kalte Wind, der die Wolken über die Bucht treibt. Trotzdem bummele ich lange am Strand entlang und muss dann mit Diana als eine der letzten in strammem 50minütigem Marsch zurücklaufen, um noch pünktlich zum Bus zurückzukommen. Am Rückweg gab es wenigstens noch einen Blick auf die Bucht - allerdings ungeeignet zum Fotoshooting.

Wallaby an der Wineglasbay
 


Nun fahren wir lange im Bus und als gerade alle eingenickt sind machen wir im winzigen historischen Ross eine Kaffeepause. Erst gegen Nachmittag wachen alle wieder auf: Das 'Bonorong Wildlife Sanctuary' zeigt uns Wombats, Tasmanische Teufel, Koalas und Känguruhs, die wir füttern dürfen, hautnah und zum Anfassen.

Tasman Devil
 
Obwohl mir Tiere in freier Natur besser gefallen, ist es ein schönes Erlebnis die Känguruhs zu kraulen und ihr 'menschliches' Verhalten zu beobachten. Der Tasmanische Teufel wurde durch eine Krebskrankheit in der Wildnis zu 85% dezimiert, so dass er nur durch Schutzmaßnahmen in Gefangenschaft eine Überlebenschance hat. Auf der Rückfahrt nach Hobart beginnt es wieder zu regnen und alle sind müde, als wir im YHA abgesetzt werden.


Tag neun: Etwas dezimiert startet unsere Gruppe zur letzten Etappe: Wir fahren über das hübsche Städtchen Richmond, das die älteste Brücke Tasmaniens aufzuweisen hat, nach Port Arthur, dem ehemals im 18. Jahrhundert eingerichteten Gefangenenlager.

Älteste Brücke in Richmond

Die ersten Sträflinge waren Opfer der industriellen Revolution, die ein Heer von Arbeitslosen produzierte. Britische überquellende Gefängnisse mussten vom 'Diebsgesindel' befreit werden und so sandte man die Leute auf Schiffen ans Ende der Welt. Wer die viermonatige Schiffstortour überlebte,war stark genug in der tasmanischen Wildnis auf der Halbinsel südlich von Hobart ein Gefängnisgebäude, Häuser für die Aufseher, eine Kirche - eine ganze Gefängnisstadt zu errichten.
Die interessantesten und witzigsten Fluchtversuche bilden heute unterhaltsame Stories beim Rundgang. So verkleidete sich einer mit einem Fell als Känguruh, ließ das Fell aber fallen, als die Wachen beschlossen einen Känguruhbraten zu schießen. Er bekam Peitschenhiebe und Einzelhaft, doch später gelang ihm die Flucht.



Eine Extra-Insel beherbergte straffällige Jungen zwischen 13 und 17 Jahren, die hier aber auch Erziehung und Ausbildung erhielten und später oft entlassen wurden. Der Jüngste war neun, hatte in London Spielzeug geklaut und erreichte erst 40 Jahre später die Freilassung, weil er zwischendrin immer wieder straffällig wurde.

Höhle in den 'Remarkable Rocks'

Als letztes Highlight sehen wir bei Wind und Wolken die 'Remarkable Rocks': Im Höhlensystem hole ich mir nasse Schuhe, habe aber meinen Spaß - denn ich bin mit Robert die Einzige, die über die Brüstung kletternd runtergeht ; ) und schieße schöne Fotos.

Tag zehn: Ausschlafen - endlich ! - kostenloses Internet im 'Pickeled Frog' nutzen - Waschen - Hostel in Sydney buchen (vieles ausgebucht !) - Shuttlebus zum Flughafen buchen  und abends mit Diana und Nicole kochen und Abendessen - mehr nicht ; )

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