1) Verkehrsregeln gibt es nicht ... - Vorteil: Es braucht sich niemand daran zu halten!
Jeder bikt, fährt, läuft so gut er eben kann, nach rechts, links oder geradeaus - bloß stehen bleiben ist gefährlich !
Auch rote Ampeln werden überfahren, wenn es 'frei' ist - für Fußgänger gibt es manchmal rot und grün gleichzeitig ... - meistens gibt es KEINE Ampeln, sondern Zebrastreifen, die wohl bedeuten: Gestreift ist peppig; lasst euch nicht aufhalten !
Kleines Beispiel: Frau steht an einem Zebrastreifen. Keine Ampel - mehrspuriger Verkehr von beiden Seiten, sowie von Rechts- und Linksabbiegern. Gehupe als Dauersound. Keine Chance, dass ein Auto freiwillig hält!
Frau tastet sich nach längerer Beobachtungsphase zwei Schritte auf die Fahrbahn, als der heranrollende Pulk der Motorräder etwas dünner erscheint. Jeden einzelnen Biker fest im Blickkontakt geht sie im Trippelschritt, mal schneller, mal langsamer, so dass die Bikes vor und hinter ihr passieren können. In der Mitte schnelle Kopfwendung nach rechts um dem Gegenverkehr ins Auge zu blicken - gleiche tänzelnde Schritttechnik - Endspurt - geschafft !
Diese Reißverschlusstechnik ist natürlich am sichersten anwendbar mit mehreren Leuten, denn zwei oder drei bieten das optisch größere Hindernis - nach einiger Übung ist es faszinierend und fast suchterzeugend - der Verkehrsstrom bleibt, selbst bei mitunter aufgestellten Ampeln an Kreuzungen, immer am Fließen !
2) Motorbike-Taxifahren macht Spaß: Sie fahren zügig, aber vorsichtig; sie fahren dich bis vor die Museumstür - auch mal 100 m gegen die Fahrtrichtung oder über den Bürgersteig ...! Dabei gibt es den Leihhelm gratis und der Preis ist Verhandlungssache.
Opernhaus |
3) Bürgersteige sind nützlich: a) Zum Parken von Motorädern; normalerweise im rechten Winkel zur Fahrbahn, so dass Fußgänger auf die Straße ausweichen müssen; aber gerne auch in Doppeleihe, wenn die großzügig angelegten Trottoirs im französischen Viertel es zulassen. b) Zum Zubereiten von Mahlzeiten, am Eimeröfchen ein Schwätzchen halten, Hund gassi schicken, Haare schneiden, Abfall sammeln ... - NICHT zum gehen - gehen muss frau im Rinnstein - das einzige, was sie mit den armen fliegenden Händlerinnen - später mehr dazu - gemeinsam hat.
4) Polizei (beigefarbene Uniform) - dein Freund und Helfer - und Militär (grüne Uniform) sind überall präsent: Wozu, konnte frau noch nicht beobachten ... - sie stehen bloß rum oder kontollieren am Markt Waren oder lassen alle Leute aus dem Bus aus- und wieder einsteigen .... - oder fahren mit Fahrrad oder Motorbike spazieren ! Fotografieren lassen sie sich nicht - es sei denn von weitem ; )
5) Fliegende Händlerinnen (von 15 bis 75) verkaufen alles: Entweder per Fahrrad oder per Korbtrage an der Schulterstange sind sie zwischen 4.00 h und 19.00 h einfach überall. Fettgebackenes, Plastikartikel, Socken, Handschuhe, Kleidung aller Art, Blumen, Sandwichs, Postkarten, Scherenschnittfaltkarten, Souvenirs und und und .... !
Während die Altstadt ein Chaosgewusel mit winzigen Läden (Breite 1,20 m), 60er Kabelstrang als Oberleitung, winzigsten Durchgängen zu Hintergassen (Breite 0,60 m) ist; geht es im französischen Viertel großzügig zu. Breite Straßen klassizistische Fassaden, schöne Hotels, Grünanlagen.
Dazwischen bildet der 'Hoan Kiem'- See mit Tempel und kleiner Pagode den Ruhepol in der hektischen Welt.
Hier am Ufer befindet sich auch das Wasserpuppentheater, das seinen Ursprung in den Reisfeldern Vietnams hat. Reisbauern spielten ihre täglichen Elebnisse als Theater in den überfluteten Feldern.
So gibt es feste Charaktere, die jeder Zuschauer kennt.
Eine Art Clown tritt zu Beginn auf, Fischer und Reisbauern, sowie die klassischen symbolträchtigen Tiere: Drache, Phönix, Fisch, Frosch und vor allem die weise Schildkröte.
Das typische Dudel-Klingklong-Orchester macht die Musikalische Untermalung, während merere Frauen mit hoch quäkender Singstimme die 'Konversation' intonieren. Alles wirkt ein wenig übertrieben, hektisch und kindlich - Kasperltheater im Wasser sozusagen ; )
Nach der einstündigen Vorstellung kommen die Puppenspieler zu einer kurzen Verbeugung hervor - dann ist Shoppingtime: Wasserpüppchen im Kleinformat gibt es im Foyer.
Der Besuch des 'Vietnamese Women Museum' ist sehr lohnenswert: In vier Stockwerken gibt es zu Arbeit, Ethnien, Mode, Heirat und Mutterschaft, sowie der Frau in Kampf und Widerstand interessante Informationen in Ton, Bild und vielen Ausstellungsstücken.
Gleich in der Eingangshalle zeigt eine goldene 'Madonnen-Statue' die kommunistische Prägung. Auch in der 'Kampfabteilung' ist der entschlossene Gesichtsausdruck vieler 'Heldinnen' faszinierend bis erschreckend. Eine 21Jährige wurde z.B. für das Töten von 187 Feinden in 17 Schlachten mit einer Volkskampf-Ehrenmedaille ausgezeichnet - nur ein Beispiel von vielen.
Das 'Hoa Lo'-Prison oder auch sarkastisch 'Hanoi Hilton' genannt, lasse ich aus, als ich davor stehe - zu deprimierend.
Ein Motorradtaxi bringt mich zum 'Literaturtempel', der sehr touristisch überlaufen, aber dennoch interessant ist - die meisten Touristen halten sich in Hof 4 an den Souvenirständen auf, so dass ich in Hof 5 meine Ruhe habe und die ersten mageren Sonnenstrahlen genieße.
Statt eines Buddhas sitzt hier natürlich Konfuzius auf dem Altar in der Mitte flankiert von vieren seiner Schüler. Die Schildkröte als Symbol der Weisheit und Ausdauer ist in Gold verewigt. Auch die Steinstelen mit den Namen berühmter Doktoren werden von steinernen Schildkröten getragen.
Frisch graduierte Studenten finden sich zum Guppenfoto im Hof ein - es erinnert mich an das Abitursgruppenfoto meines Sohnes ; )
Angeschlagen von meiner Erkältung gelange ich est mittags zum Historischen Museum - nun macht es eineinhalb Stunden Mittagspause - wie ärgerlich! Also weiter zur Altstadt, wo ich das traditionelle 'Ma May House', ein restauriertes Altstadthaus mit drei Innenhöfen besichtigen will - auch hier ist geschlossen. Also gehe ich Mittagessen und absolviere dann mein Besuchsprogramm.
Das Altstadthouse ist sehr hübsch; aber mit drei Familien, die es früher bewohnt haben, würde das Innenleben wohl anders und weniger luftig aussehen. Heute werden zu Dollarpreisen Souvenirs verkauft.
Das Historische Museum bietet einen frühzeitlichen Bereich mit Skulpturen, Tonwaren und Schmuck; sowie ein Gebäude, das sich speziell der Revolution widmet. Leider ist vieles nicht auf Englisch erklärt - manches auf Französisch.
Klar ist, wie sehr das Volk unter dem doppelten Druck von Herrschaftsklasse und Kolonialmacht litt - insgesamt habe ich das Gefühl zu wenig zu wissen. Die Rolle der Amerikaner ist alles andere, als rühmlich - dabei fällt mir auf, dass ich in acht Tagen hier erst zwei amerikanische Touristen getroffen habe - beide allerdings mit immigrantem Hintergrund.
Als ich zurückgehe ist rushhour: Eltern holen ihre Kids mit Motorbikes von der Schule ab. Der ganz normale Wahnsinn in Hànoi !
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