Freitag, 28. Februar 2014

Hué-Special: Happy colours














Groß - mächtig - schicksalsträchtig: Das 'bescheidene' Hué




Hué, die letzte Königsstadt Vietnams, liegt am 'Huong Giang', dem Fluss der Wohlgerüche oder auch Parfümfluss und wirkt längst nicht so touristisch, wie Hoi An, weil es einfach größer, viel größer ist.

 

Die Fahrt von Hoi An über den Wolkenpass und entlang des 30 km langen 'China Beach' ist landschaftlich reizvoll; aber quälend langsam. Die Straße ist kommunistisch breit ausgebaut, leer, absolut problemlos; aber der Bus fährt zwischen 20 (Wolkenpass) und 40 km/Std. - niemals schneller !




Mit 40 minütiger Verspätung startet er um 9.20 h und erreicht mit zwei längeren Pausen Hué um 12.45 h - mehr als drei Stunden für gut 100 km - Konfuzius hilf ! Wie soll ich je wieder nach Hanoi kommen !


Dank Jan habe ich eine Hotelempfehlung, aber als ich das 'New Lifestyle Hué' nach längerer Suche erreiche, ist es leider ausgebucht. Im 'Tuán Anh' schräg gegenüber finde ich ein großes, sehr ruhiges Zimmer zum gleichen Preis. Gegen halbdrei starte ich zu Fuß und werde gleich von Mr.Tuan aufgegabelt. Er ist seit 20 Jahren Motorbike-Taxidriver, hat ein sonniges Gemüt und handelt mit mir 100.000 Dong für 2 Std. Rundfahrt zu zwei entfernter gelegenen Highlights aus:


Der 'Tu Hieu', die 'Pagode der höchsten Pflichterfüllung', eher ein Tempel mit einem schönen Garten mit Lotosblütenteich; sowie das Grab des 'Tu Duc', des letzten unabhängigen vietnamesischen Herrschers, der trotz 100 Konkubinen kinderlos verstarb.

 

Obwohl er sich Bescheidenheit auf seine Fahnen schrieb, lebte er meist zurückgezogen hinter hohen Mauern in seiner riesigen späteren Grabstätte, an der 7000 Zwangsarbeiter schuffteten und sie bereits 16 Jahre vor seinem Tod fertigstellten.
Der kleine Großkotz war nur 1,50 m kurz, starb 1883, und liegt in einer Grabstätte mit Wächtern in einem riesigen mit Wegen, Gebäuden und Pavillions, Teichen und Hügeln angelegten Gelände.
Durchs Tor der Bescheidenheit, vorbei am Tempel des Bescheidenen Willens gelangt frau zum Pavillion des Bescheidenen Schwebens. Am See des Bescheidenen Bewahrens liegt der Pavillion der Bescheidenen Vorausschau, bevor frau zum Palast der Bescheidenheit mit der Halle des Bescheidenen Friedens, zu deutsch: dem Audienzraum kommt.

 

Der Bescheidenheit noch nicht genug gibt es noch die Halle des Bescheidenen Rückblicks (Kleiderkammer), die Halle der Bescheidenen Ehrlichkeit (Schlafzimmer), die Halle der Bescheidenen Reinheit (Bad) und ein klitzekleines privates Theater.
Gut, dass der Mensch tot ist, denke ich noch und wie nett von ihm, dass seine Gemahlin ein kleines Eckchen als Grabstätte eingeräumt bekam.




Ziemlich ermattet beschließe ich, dass dies meine einzige Grabstätte in Hué bleiben wird - schön, dass ich mir wenigstens die dafür teuren 80.000 Dong Eintritt gespart habe, weil ich so spät kam, dass das Tickethäuschen nicht mehr besetzt war ; )
Mr. Tuan setzt mich in Hotelnähe ab, nachdem er in mörderischem Tempo mit Hupen, im Zickzack und todesmutigen Manövern so manche Rushhour-Kreuzung genommen hat. Dabei plaudert er unaufhörlich und fragt mich mehrfach, ob ich auch 'happy' bin.

 

'I'm happy, if I survive', sage ich, woraufhin er lacht und versichert er sei ein 'very safe driver'. Er möchte mir am nächsten Tag gerne noch drei weitere Gräber zeigen, aber ich winke dankend ab und wünsche ihm alles Gute.


Den Abend verbringe ich entspannt im Bett mit einem guten alten Spielfilm und nehme mir für den nächsten Tag die Zitadellenstadt vor.
Ich schlafe aus, besorge Fahrrad und Karte und los geht es über die Truong Tién Brücke zur Zitadelle. Nur beim Entlangradeln an der elend langen Außenmauer vergeht mir erstmal die Lust reinzugehen. König Gia Long, Gründer der Nguyen-Dynastie und Vorgänger Tu Ducs, war eben ein wenig pahlerisch veranlagt. Nach dem Motto: Bescheidenheit ist eine Zier, doch besser geht es ohne ihr - orientierte er sich am chinesischen Kaiserpalast in Peking  und legte Zitadelle und Paläste streng geometrisch in riesigen Dimensionen an, mit der 'Purpurnen verbotenen Stadt' im Zentrum.


Ich radele erstmal 6 km weiter immer am Fluss entlang bis zur 'Thien Mu' Pagoda oder auch Pagode der Himmelsgöttin, von deren erhöhtem Standort frau einen herrlichen Blick in die Flusslandschaft hat.

 
 
Mehrfach durch Blitzeinschlag, Taifune und Überschwemmungen zerstört stammt die heutige 7stufige 21 m hohePagode aus dem Jahr 1844.

 

Die größte Glocke Hués hängt hier in einem Pavillion. Sie wiegt 3285 kg und wurde früher jeweils um  4 Uhr morgens 108mal geschlagen, was 10 km weit zu hören war - heute ist dieser Lärm überflüssig - dafür gibt es ja nun die Motorbikes ; )



Der Rückweg entlang des kleinen 'Bach Yen River' durch Reisfelder und kleine Dörfer ist herrlich. Obwohl ich mich am Ende ein wenig verradele, erreiche ich gegen zwei Uhr wieder die Zitadellenstadt von hinten - tja, aber der Eingang ist vorne am Mittagstor.

 

Augen zu und durch: Fahrrad parken, 100.000 Dong abdrücken durch mehrere Tore und Mauern zum ersten Hof. Der Andrang in der riesigen 'Halle der Himmlischen Harmonie', die auf 80 rotlackierten Eisenholzsäulen ruht, ist so groß, dass ich mich nur wenige Minuten aufhalte, bevor ich weiterflüchte.


In den Hallen der Mandarine spielen Musikanten und ich biege nach links ab, um den 'Palast des Langen Lebens' anzuschauen. Nach zwei Stunden qualmen mir die Füße, ich habe in der linken Hälfte des Arreals in fünf verschiedenen ummauerten Höfen fünf verschiedene Tempel und Pavillions bestaunt - der Ahnentempel der neun Urnen ist erwähnenswert schön - und beschließe einiges wegzulassen.



Ohnehin sind gerade in der Mitte der purpurnen Stadt kaum Gebäude erhalten, denn nur drei Wochen wehte hier während der Tet-Offensive 1968 die nordvietnamesische Flagge, bevor die Amerikaner bei einem Großangriff der Luftwaffe die Zitadelle zurückeroberten und dabei fast alles zerstörten.


Vorbei an der gerade in Restauration befindlichen Bibliothek und dem Theater verlasse ich das Gelände, wieder mehrfach ummauerte Höfe mit verfallenen Gebäuden querend durch das Tor der Menschlichkeit im Osten und lasse im Garten des Museums der schönen  Künste die letzte Abendsonne auf mich wirken.

Ziemlich müde radele ich zurück und beschließe einen Planungs- und Erholungstag einzulegen.
Laufen, fragen, shoppen - so vergeht der nächste Tag. Nach viel Fragerei buche ich einen Tagestrip nach Vinh Moc zu den Viet-Tunneln an der einstigen Nord-Süd-Grenze - danach kann ich in Dong Hà bleiben und mit dem 'local' Bus weiterfahren bis Dong Hói, wo ich die 'Phong Nga' Caves besuchen will.



Unwiderstehliche Seidenkleider und deutlich günstigere Preise als in Hoi An lassen mich erneut zuschlagen: Zwei federleichte Stücke in changierendem Grün mit Stickerei und in Weinrot mit schwarzer Kragenpaspelierung für zusammen 22.- Euro passen allemal noch ins Gepäck und sitzen, wie angegossen ; )



'If you happy and you know it, clap your hands - clap, clap - if you happy and you know it clap your hands ... - ein Couchsurfer für Indien - oh Wunder - hat sich endlich gefunden !  Mit dem 26jährigen Miza und seinen Eltern werde ich hoffentlich ein tolles Holi feiern ... - if you happy and you know it and you really want to show it, if you happy and you know it, clap your hands - clap, clap !





Donnerstag, 27. Februar 2014

Touristisch, aber entspannt und idyllisch: Hoi An

Obwohl nur eine Stunde Flugdauer von Hanoi nach Da Nang: Ein Reisetag geht drauf.
Es regnet in Strömen, als ich Hanoi verlasse - um 13.15 h laufe ich am Airport in Da Nang los und frage mich durch zum 'local' yellow bus no.1 - 20 min. Fußmarsch - der mich in einer Stunde ins 35 km entfernte Hoi An bringt.
Es ist deutlich wärmer hier, aber noch fehlt die Sonne. Ein Motorbike bringt mich das letzte Stück ins Zentrum, wo ich etwas oberhalb im kleinen 'My Chau'-Hotel einchecke.

Die folgenden zwei Tage bin ich mit Fahrrad in der Altstadt und am 5 km entfernten Strand von Cua Dai unterwegs.

 


Die Altstadt ist wunderschön restauriert - touristisch gut gefüllt - nachdem die Amerikaner alles platt gemacht hatten. Zitat aus dem Reiseführer: Weil amerikanische Panzer im Dünensand steckenblieben, belegte die US-Luftwaffe 7km Küste und Kokospalm-Pflanzungen mit Napalmbomben und chemischen Kampfstoffen - 1975 war Hoi An eine tote Stadt.


 



Ähnlich ging es der nahegelegenen alten Tempelstadt My Son aus der Cham-Kultur aus dem 7.-13. Jahrhundert. Von den ursprünglich 70 Sakralbauten wurden bei einem schweren Bombardement 1968/69 - My Son lag innerhalb der 'Feuer-frei-Zone' -  über 50 komplett zerstört - ich beschließe diese Besichtigung daher auszulassen.
 
 



 
Für die Altstadt lassen sich per Fünfer-Ticket wahlweise über 20 verschiedene alte Gebäude besuchen. Für jeweils drei Stunden morgens und nachmittags gilt Motorbikeverbot in der Altstadt - wie erholsam - Steigerung des Wohlfühl-Bummelfaktors um 100% !

Ich besuche zwei Versammlungshäuser, ein Wohnhaus, das Keramikmuseum, sowie einen Tempel und die japanische Bücke.


 
Zwischendrin Marktbummel, Uferspaziergang am Thu Bon Fluss und ein Seidengeschäft, das mich magisch anzieht .... ; )  Natürlich kaufe ich letztlich wunderschöne Seide dort !

 

Der Radausflug führt mich entlang des Flusses zum Strand, wo es leer und windig ist. Hohe Wellen, weicher Sand, Sonne ein gutes Buch unter Palmen - was braucht frau mehr zum Leben ? Der Rückweg entlang der Küste und dann im Dreieck zurück durch die Reisfelder ist wunderschön und fast verkehrsfrei.

 

Am dritten Tag habe ich mailkontakt zu Jan, 26 J., aus Malta, den ich vor Busabfahrt in Sapa getroffen hatte, wo er mir seinen Liebeskummer erzählt hatte. Hier hat er sich gerade ein Motorbike geliehen und spontan beschließen wir raus nach My Son zu fahren.
Auf dem Weg frühstücken wir gemeinsam am Staßenrand und haben Mühe uns verständlich zu machen.

 

Die Landschaft ist schön - der Weg länger, als vermutet. So erreichen wir My Son zur heißen Mittagszeit. Die Cham-Stätte ist überschaubar klein, ruhig und leer. In den Ruinen treffen wir einen dickbäuchigen Amerikaner und kommen ins Gespräch:


 
 
Er wurde damals eingezogen und nach Vietnam in den
Krieg geschickt - er hatte keine Ahnung, was auf ihn zukam. Ja, er habe auch Menschen getötet. Er fühle sich schuldig für Amerika, wenn er all die Zerstörung noch heute sieht. Dieser Tempel - hat er später recherchiert - sei trotz schwersten Bombardements kaum zerstört gewesen - Nixon habe ein extra Sprengkommando entsandt, um Ho Chi Minh und das Volk zu demoralisieren, indem er sie ihrer Kulturgüter beraubte.
Ich frage ihn, wie ihm Vietnamesen heute begegnen. Sie seien freundlich zu ihm und nicht nachtragend, worüber er sehr froh sei - kann ich mir vorstellen !
 

Gegen 14.00 h fahren wir zügig zurück und haben noch Zeit durch die Altstadt zu bummeln. Abends treffen wir uns im 'Tamarind' beim Inder und Jan erzählt mir den ersten Teil seiner Lebensgeschichte. Wir plaudern lange und der Abschied ist herzlich - schade, dass er zwanzig Jahre zu jung ist und schon eine Freundin hat ;)