Samstag, 28. September 2013

Rotorua: Rafting rückwärts - und viel tolle Natur rundherum

In Rotorua fühle ich mich sofort sehr wohl: Ich habe Klassenfahrt-Freigang, bleibe drei Nächte im hübschen Youthhostel, wasche gleich mal Klamotten und mache mich kundig.
Das Riverrafting kann nicht stattfinden wegen zu hohen Flusspegels - das war die letzte Auskunft von Sandfly. Als ich im Hostel nachfrage, heißt es: Kein Problem, Wasser wurde abgelassen, rafting mittags um 14.30 h möglich. OK, also los !
Ich werde abgeholt, zum Fluss gefahren und mit vier Mitstreitern (zwei Australier, zwei Brasilianerinnen - ein Dreadlock, eine von Kopf bis Fuß tätowiert !) in die Anzüge gesteckt, wieder ins Auto gesetzt und zur Einsetzstelle gebracht - die Fahrt ist verdächtig kurz !


 

Nun beginnt der 'Fun'-Zirkus in Kiwimanier: Auf Maori wird der Flussgott angerufen, um ihn milde zu stimmen - weitschweifige Erklärungen über die Landschaft - wir dürfen dann doch mal ins Boot - aber halt, nicht etwa Einweisung zum Paddeln, nein - wichtig ist: 'Allways keep smiling' - wenn wir ins Wasser fallen - lächeln, wenn das Boot umschlägt - lächeln, wenn wir umdrehen müssen - lächeln ...
'Umdrehen' - wovon redet der, rafting findet vorwärts statt, der Fluss führt viel Wasser, natürlich ist er recht schmal, aber die Stromschnellen sehen hübsch aus ...
Nun kommen die Anweisungen: 'Forward' - 'backward' - 'hold on' - 'inside' , das heißt, das frau im 7 Meter hohen Wasserfall sich festhalten und im Boot klein machen soll, um im Boot zu bleiben - aha - langsam wird mir mulmig !
Dann geht es endlich los: Die erste kleine Schnelle - hoppa - ich will heftig paddeln, da heißt es 'hold on - backwards', mit der Folge, dass wir in ein ruhiges Becken treiben, wo der Typ sich an einem Strick festhält und die nächste Ansprache hält ... - dann mal alle Paddel hoch in die Mitte - smile - dann mal das Boot im Kreis drehen - backwards ! ... - als wir drei bis vier Stellen solchermaßen passiert haben, kapiere ich endlich was los ist:
 1. Zeit schinden, der Flussabschnitt ist kurz (wie kurz erfahre ich hinterher)
 2. Fotos schießen, der mitgefahrene Fotograf will beschäftigt werden und braucht Zeit die Stellung zu wechseln und in Position zu gehen - unglaublich
- das hat doch nichts mit Rafting zu tun, wo die Herausforderung darin liegt, den Fluss mit Bravour zügig zu meistern und elegant zwischen den Felsen durchzumanövrieren !
'Keep going' - würde ich gerne brüllen, aber ich sitze mit den Fünfen in einem Boot ; )
Nach einer halben Stunde kreiseln, warten, fünf Meter fahren - kleine Schwimmeinlage:
'Wer möchte mal rüberschwimmen ?' - erreichen wir den 7-Meter-Wasserfall - so schlimm sieht er nicht aus, denn er ist schmal, keine Felsen, halt Augen zu und durch - aber nein, wieder langes Rumgequatsche ... - dann hören wir plötzlich einen Pfiff - unser Guide pfeift mit Trillerpfeife zurück (aha, der Fotograf steht schussbereit) und hast du nicht gesehen: 'Hold on - inside' fallen wir senkrecht runter. Ich umklammere den Griff am Boden, mir vergeht hören und sehen, als wir senkrecht eintauchen und als wir wieder hochschießen, sitzen nur noch fünf im Boot ... - die tätowierte Brasilianerin hat's erwischt: Tja, 26 Elefanten haben an ihr gezogen (und die Tinte wiegt auch noch) - so wurde uns die Wasserkraft beschrieben ...
Etwas benommen und hustend und spuckend hält sie sich am Begleitkayak fest, das sie zu uns bringt. 'Smile' - schreit der Guide - 'it's only water - this is fun' ! Wir holen sie ins Boot und paddeln weiter. Nur noch zwei kleinere Schnellen, dann wieder 'backwards' - 'smile' !
Zum Schlussshooting fahren wir vorwärts gegen den Strom in die letzte Wasserwalze, so dass das Boot vorne nach unten gedrückt wird und voll läuft - die Kamera klickt !
Zurück am Bootsplatz wird gleich die CD ins Laptop geschoben: Adrenalin per Fotoauge - live war es ja nichts ! Das Boot taucht wirklich komplett unter und schießt dann in seitlicher Drehung raus - ich saß auf der richtigen Seite ; ) Die CD ist für 35 NLD zu haben - ich winke ab - der Mann ist frustriert; keiner kauft die CD !
So ein dämliches Rafting hatte ich wirklich noch nie.
Hier zum Vergleich ein paar Zahlen:
2001 Kanada - Fraser-river, ein mächtiger Strom, Motorraft wegen Hochwassers - ca. 90 Minuten Gaudi vom Feinsten.
2013 Mendoza - 12 km Flussabschnitt - Niedrigwasser, viele Felsen - eher geringe Fließgeschwindigkeit, aber eine Menge Spaß in ca. 80 Minuten, trotz der Kälte !
2013 Rotorua - 1,8 km !!! - 40 Minuten rumdümpeln - aber den höchsten Wasserfall der Welt geraftet ! Do it! Prove it ! Post it !   ... ist der Spruch, den frau hier überall lesen kann !
Kia Ora - willkommen in Neuseelands Abenteuerhobbitwelt !


Am nächsten Morgen geht es für überschaubares Geld in die Natur. Per Minibus fahre ich 30 Minuten nach Wai-O-Tapu, dem Thermal Wonderland - einem Nationalpark mit thermischen heißen Mineral- und Schlammlöchern, sowie einem Geysir, der angeblich pünktlich um 10.15 h spuckt.


Die Mudpools sind grau schlammig und blubbern herrlich vor sich hin - der Geruch ist erträglich. Dann geht es zum Geysir. Ein gestaffeltes Gelände bietet Sitzplätze im Halbkreis - 15 Minuten lang sammeln sich die Zuschauer - dann kommt ein Ranger, stellt sich neben das weiße Kratertürmchen und erzählt: Vor 150 Jahren, als die Gefangenen hier in Arbeitslagern tätig waren und auf die Idee kamen ihre dreckigen Klamotten im heißen Thermenwasser mit Sodapulver zu waschen, gab es plötzlich aus den Wasserlöchern heftige Eruptionen - und die Männer liefen schreiend 'mit nacktem Arsch in den Busch' !


Seither ist klar, dass Sodium eine chemische Reaktion mit dem Wasser hervorruft ... - dann schüttet er in aller Ruhe ein Pulversäckchen ins Kraterloch und entfernt sich im Schlenderschritt. Sofort wird de Rauch stärker, es brodelt und kocht und zwei Minuten später beginnt eine beachtliche heiße Wassersäule emporzuschießen und sie sprudelt lange und die Kameras klicken ....

 

Am besten gefällt mir dann der 80 minütige Spaziergang durch den Park: Überall raucht und brodelt es: Schwefelgelb, türkisgrün, lavaschwarz, kristallweiß, rostrot und orange - die Naturfarbpalette ist reichhaltig und das Wetter endlich traumhaft gut: Blauer Himmel und fotogener Sonnenschein - da ist die 4GB-Speicherplatte der Ersatzkamera voll ; )


Gegen 13.00 h bin ich zurück und wandere drei Stunden am See entlang, weil ich das herrliche Wetter nutzen möchte. Dabei entdecke ich noch eine hübsche Maorisiedlung, erstehe ein Paua-Armband (Abalonemuschelschale) und verlaufe mich auf dem Rückweg. Nach neun Stunden komme ich müde, aber happy im Hostel an. PERFECT DAY VI war das und ich freue mich schon auf die Fun-for-free Wanderung im Redwoodforest, die ich für den nächsten Tag geplant habe.




Spaziergang am See
Museum Rotorua





Leider schlägt das Wetter wieder um.








Dennoch nehme ich um halbzehn den Bus raus zum Wald und wandere zwei Stunden durch grandiosen Baumbestand: Nicht nur Redwood, sondern auch wieder herrliche Baumfarne wachsen hier. Eine Stunde lang blickt sogar die Sonne durch, aber es bläst ein kalter Wind und gegen Ende beginnt es zu regnen. Noch trocken bin ich mittags zurück, kaufe im Pack'n save ein und buche 24 Stunden Netz im Hostel; so kann ich den Regennachmittag prächtig nutzen, bevor es morgen weitergeht nach Taupo.

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