Montag, 31. März 2014

Mangroven, Menschen, Maschendraht: Durch die Sundarbans

Morgens um 8.00 h stelle ich meinen Rucksack im Backpacker-Büro unter - nach einem kleinen 'Chai' geht es los. 13 Leute sitzen im Minibus: Zwei Israelis, Australier, Schweizer, Engländer, ein Österreicher, eine Schwedin, ein 'Weißer' mit Pass aus Zimbabwe, ein Südafrikaner und ich.

Müllkippe im Hintergrund


Eine Stunde brauchen wir raus aus Kalkutta und fahren an der monströsen Müllkippe vorbei, die wie ein Tafelberg in der Landschaft liegt. 15 Millionen Einwohner 'füttern' sie täglich - Hunderte leben von, in, neben ihr - und doch oder gerade deshalb erscheint mir Kalkutta sauberer, als manch andere Großstadt in Indien.






Links in weiter Ferne der Müllberg - rechts der Straße, dicht an dicht, Receicling-Stationen: Metall, Plastik, Pappe alles wird chaotisch aufgehäuft, gesammelt, wiederverwertet -

erklärt unser Guide Ajah, ein pfiffiger Knabe von 25
Jahren; sein kleiner Bruder ist Fahrer, beim ältesten Bruder im Büro habe ich die Tour gebucht. Alle sprechen gut Englisch - alle haben es durch den Tourismus gelernt.

In der zweiten Stunde fahren wir entlang des 'Blackwaters' - meine Bezeichnung für einen breiten kanalartigen Abwasserkanal, der allein dazu dient, die Abwässer einer Chemiefabrik und die Kloake der Dörfer aufzunehmen - der Geruch ist entsprechend. Nachdem wir die Chemiefabrik mit ihren barbie-rosa Schäumen hinter uns gelassen haben, fahren wir in der dritten Stunde durch nahezu ruhiges ländliches Gebiet. Hühner, Schweine, Enten, Katzen, Menschen leben alle in Dörfern direkt an der Hauptstraße. Straßenmärkte, Verkaufsstände, Verkehr überall.
Hinter Basanti geht es nur noch bis Godkhali - dann endet die Straße, weiter geht es nur per Bootsfähre zur ersten der vielen Inseln.

 

Die Sundarbans umfassen ein Gebiet von 10 000 Quadratkilometern bestehend aus Mangroven und bewaldeten Inseln. Alle hier lebenden Tiere haben sich ans Leben am Salzwasser angepasst, das heißt, sie trinken wenn nötig das brackige Wasser der Backwaters und schwimmen über weite Strecken von Insel zu Insel.

 


Hirsche, Warane und zahlreiche Vogelarten sind hier noch zu finden und darüber hinaus 253 Tiger - 131 Weibchen, 89 Männchen und 33 Jungtiere - laut der letzten Zählung. Dies ist der größte Bestand in Indien und er ist dennoch rückläufig; das Auswildern von Tigern aus anderen Gebieten wäre nicht erfolgreich, denn sie wären nicht an die harten Lebensbedingungen in den Sundarbans angepasst. 

Fährüberfahrt

Nach Fährfahrt, Fahrradrikschafahrt auf hartem, holprigem Holzkarren und erneuter Bootsfahrt erreichen wir gegen 13.00 h bei heißen 35 Grad Celsius das Village, das uns für die Nacht in gemütlichen Lehmhäusern oder Strohhütten beherbergen wird. Die Lady, die das Mittagessen für uns kocht ist Witwe - den Ehemann hat ein Tiger geholt - die Touristen sind für sie die einzige Art ohne männliche Hilfe für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.



 

Vereinzelt gibt es hier 'Maneater', die allerdings nur Honigsammler oder Fischer angreifen, die sich unerlaubt im oder am Rande des Nationalparkgebiets aufhalten. Zum Schutz der Dörfer gibt es Maschendrahtzäune um die Nationalparkinseln um Übergriffe von schwimmenden Tigern zu verhindern.







 



Nach Essen und Siesta erkunden wir das Dorf über seine zahlreichen Lehmdammwege und sehen Kingfisher und andere Vögel. Abends gibt es indische Musik mit Handtrommel, Kastenquetsche und Saiteninstrument.




Guide Ajah
Das jungvergorene Reisweingesöff schmeckt scheußlich, aber das Abendessen ist gut. Wir trinken Wasser aus 20-Literkanistern dazu; denn hier gibt es weder Kühlschränke, Minishops oder Getränkestände - Plastikvermeidung ist angesagt und so füllen wir unsere Wasserflaschen brav am lauwarmen Kanister wieder auf.

Die Ruhe abends zum Sternenhimmel könnte herrlich sein, wäre da nicht der plärrende Propaganda-Lautsprecher, der mit monotonem Geplauder auf die nächsten Wahlen im April einstimmen will. Mit Ohrstöpseln schlafe ich doch irgendwann ein, denn das Bett ist superbequem.

 

Den nächsten Tag befinden wir uns fast ausschließlich auf einem großen Boot mit Überdachung und Teppichdeck. Gespräche, Mahlzeiten, Sightseeing - alles vom Boot aus. Die Mangrovenlandschaft ist auf Dauer recht eintönig - die Tiere machen sich rar. 'Just for fun' machen wir eine kurze Mangrovenwanderung - der Lehmboden ist schleimig zäh - anstrengend zu laufen - 'Funfaktor' begrenzt ; )





Marabu

                                                                        Wir sehen viele Vögel - weit weg - einen Marabu, mehrmals kleine Hirsche im Unterholz oder eine große graue Echse - ein Tiger lässt sich natürlich nicht blicken. Zweimal steuern wir eingezäunte Aussichtstürme auf Inseln an - aber, der Guide gibt es zu, wenn frau hier Tiger sehen will, muss sie mehrfach und in der Morgen- oder Abenddämmerung kommen ... aha - die Öffnungszeiten des Parks sind 7 pm - 4 am - super geregelt ; ) Eine Infotafel vermeldet die letzten Tigersichtungen: 4., 13., 23. März - also durchschnittlich alle 10 Tage einer !


Sundarban-Kingfisher



Es ist dennoch ein entspannter schöner Reisetag, den wir auf dem Boot verdösen und verplaudern. Wir sind gegen 16.30 h zurück und haben mit Fähre, Fahrradrikscha, wieder Fähre und Minibus noch eine lange Rückfahrt vor uns. Um 21.00 h verabschiede ich mich von Brenda und David aus Sydney und auch mit Jean-Claude und Brigitte aus Bern habe ich die mailadresse getauscht. Im 'Maria' gibt es nur noch ein Zimmer der schäbigen Sorte, aber es soll ja nur noch für zwei Nchte sein.

Den nächsten Tag möchte ich noch ins 'Indian Museum' und zum Victoria Memorial - den Tag drauf habe ich mich in Santiniketan angekündigt; aber wieder mal kommt alles anders, als frau denkt !

Sonntag, 30. März 2014

Unbeschreiblich: Erste Eindrücke in Kolkata

Auf einem ersten Spaziergang rund um die Sudder Street, bei dem ich ein erstes 'Chicken Curry' esse, eine Karte der Stadt und ein Kingsfisher Bier besorge, verschwinde ich recht schnell wieder im Hotelzimmer und schlafe trotz ewig hupenden Straßenlärms erstaunlich gut.
Gegen 9.00 h am nächsten Morgen frühstücke ich bei 'Jojo's', schreibe mails und mache mich zwei Stunden später per Metro auf zum Kali-Tempel in Kalighat, einem südlichen Stadtteil.

Kali-Tempel


Der Tempel ist weder besonders groß, noch besonders schön, aber doch sehr hinduistisch, denn erstmals sehe ich hier noch lebende schwarze Ziegen im Hof angebunden, die hier der Göttin Kali geopfert werden. Im Tempel herrscht Foto-Verbot; also packe ich ihn weg und drängle mich barfuß mit der unglaublich dichten Menschenmenge in einen engen Zugang.

 

Viel weiter komme ich auch nicht - ein winziger Kali-Altar um die Ecke, für mich kaum einsehbar, ist derart von opferwütigen Menschen mit Blumengirlanden, Fruchtkörben und anderen Devotionalien umdrängt, dass ich bald den Rückzug antrete, um mich im Hof und den kleinen Nebenpavillions umzusehen.
 Ich bin froh wieder Sandalen zu tragen, denn eine frische Blutspur weist mir den Weg: Blicklos liegt der abgeschnittene Ziegenkopf neben einem Altar, während der aufgehängte Körper gerade seines Fells beraubt wird. Ein Barfüßiger latscht durch das Blut zum nächsten Pavillion, wo eine weitere schwarze Ziege ihres Schicksals harrt. Über Stufen versuche ich einen Blick ins Innere zu erhaschen, aber eine geschlossene Menschenmenge verstellt mir den Blick. Das heimlich geschossene Foto zeigt nur Menschenrücken - vielleicht besser so.

Debu Mukerjee
Als ich den Tempel auf der anderen Seite verlasse, sehe ich noch ein Badebecken für rituelle Waschungen und treffe im engen Gang vorm Tempel auf einen alten Mann - Debu Mukherjee - mit dem ich ein wenig plaudere, ohne seine Antworten in India-English wirklich zu verstehen. Er überreicht mir feierlich seine Karte und stimmt einem Foto zu - dann winkt er mir huldvoll zum Abschied.

Mit der Metro fahre ich nun zehn Stationen nach Norden, um die Lebensader der Stadt, den Hoogli-River und die Howrah-Bridge zu sehen. Meine Citymap ist nicht allzu hilfreich, weil die Straßennamen der Straßen nicht im Plan vorkommen und die Straßennamen des Stadtplans nicht an den Straßenkreuzungen zu finden sind.


 
 
Einzige Orientierung: Der Fluss muss im rechten Winkel von der  Metrolinie in Fahrtrichtung weglaufen. Ich folge schließlich stur diese Richtung einhaltend einer engen Gasse, die sich durchs Laden- und Marktgewimmel zieht, eine breitere Straße mit urzeitlich klappriger Tramlinie kreuzt und nach weiterem zehnminütigem Fußmarsch tatsächlich am Fluss endet.

 

Unbeschreiblich ist tatsächlich der Verkehr in dieser Gasse, die gefühlt höchstens zwei Meter breit ist: Autos, hochbeladene Fahrradikschas, menschgezogene hochrädrige Karrenrikschas (gibt es nur noch hier !),


Motorräder, Fahrräder und Fußgänger quetschen sich hier in beiden Richtungen zwischen Barbierläden, Schneiderlädchen, Stofflädchen, Miniküchen, Straßenständen mit Obst, Gemüse, Chai, Chapati und Zuckerrohrpressen.
Auch hier dominiert das Gehupe der Motorräder, die allerdings weniger zahlreich, aber dafür PS-stärker und mit unzurechenbaren Fahrern ausgestattet sind. War in Vietnam die Devise: Keep going - slowly ! - kann das hier absolut tödlich sein.
 
Die indische Variante lautet also eher: 'Wait - watch and run for your life !'  Ich laufe die Brücke hinauf, die eine Stahlkonstruktion in Eifelturmmanier darstellt; aber das eigentlich Faszinierende ist auch hier der Verkehrsfluss. Auf einem breiten Bürgersteig rechts und links laufen Menschen mit Tragestangen, an denen gestapelte Körbchen hängen - was drin ist, weiß ich nicht, aber der in den Knien abgefederte Trippelschritt lässt Schweres vermuten.

 

Dort laufen Menschen mit riesigen schweren Säcken auf dem Kopf, Frauen mit Kindern und Gemüse-Karren, Bettler mit Krüppelbeinen und Kücken und Männer mit Bauchläden mit Obst. Auf dem gleichen Gehweg liegen Schlafende, deren T-Shirts mehr Löcher, als Stoff aufweisen, deren Füße mehr Schmutz, als Haut aufweisen und deren Haare wirr und Schmutz verklebt sind.


Eine hüfthohe Absperrung trennt sie alle vom vierspurig fließenden Verkehr, der aus hupenden Bussen, Autos, Motorrädern, Fahrradrikschas und handgezogenen Lastkarren besteht. Letztere erinnern mich an Ameisenstraßen im Wald: Denn auch diese Tierchen können bekanntlich das Hundertfache ihres Gewichts bewegen, genau wie die dürren Männchen hier, die unglaubliche Lastkarren die Brücke hinaufzerren oder -schieben.

In der Mitte der Brücke sitzen in kleinen Holzhäuschen auf beiden Seiten jeweils Polizeibeamte. Den Verkehr regeln sie nicht; aber eine ihrer Aufgaben scheint es zu sein, fotografierenden Touristinnen zu sagen, dass das Fotografieren auf der Bücke nicht erlaubt ist - da ich weit und breit die Einzige bin, ein ruhiger Job. ... - und die Brücke ist lang ; )

 

An beiden Ufern befindet sich unter den Uferpfeilern ein Markt, der neben kloakigem Matsch vor allem den Verkauf von Kat (Tabakblätter mit Betel und Kalk) und Blumenketten für den Tempelbedarf, aber auch Obst und Gemüse bietet.

Sicherheitshalber nehme ich zurück zur Metro-Station den selben Weg und plaudere auf der Fahrt mit einer pfiffigen Siebenjährigen, die bereits unglaublich gut Englisch spricht (ab und zu soufflieren Mama und Tante von rechts und links) und mir erzählt ihre Tante wohne in Stuttgart; Deutschland müsse ein schönes Land sein ; )
Wie recht sie hat; dennoch tut mir die Wärme hier äußerst gut und trotz leichtem Smog zeigt sich immer wieder auch die Sonne bei gefühlten 28 Grad Celsius.


Ziemlich platt ob der vielen Eindrücke, sitze ich eine Stunde in einer vornehmen 'Bakery' mit Türsteher, Aircon, Plastikhandschuh-Bedienung und Marmor-Toilette. Die Preise sind entsprechend - plus 14% Tax obendrauf: Was ich gestern fürs komplette Abendessen gezahlt habe, geht hier für Cappucchino und Muffin drauf - für 3.- Euro dennoch verkraftbar ; )

 
 
Bevor ich ins 'Maria' zurückfinde, werde ich in bestem Englisch von drei Studenten mit Kamera angesprochen, die wissen wollen, wie Indien auf mich wirke, ob ich mich 'sicher' fühle und was sich meiner Ansicht nach verbessern ließe. Nach erst einem Tag fällt meine Antwort freundlich aus - ohne Kamera füge ich noch ein paar Worte über den unzureichenden Stellenwert der Frau in Indien an ... - sie bedanken sich - zu spät fällt mir ein, dass ich um ein Revanche-Foto hätte bitten können.
Morgen früh werde ich zu einer zweitägigen Tour in die Sunderbans starten - mal sehen, was das ländliche Bengalen zu bieten hat.


Samstag, 29. März 2014

Doppelter Abschied: Von Frankfurt nach Kolkata

Das Schicksal meint es bei allem Leid der letzten zehn Wochen gut mit Paps. Keine 20 Minuten nach unserem Besuch am Montag stirbt er im Beisein seines Bruders und dessen Frau schnell und unvermutet, denn die Ärzte hatten ihm noch kurz vorher gleichbleibende, also nicht schlechter werdende Leberwerte bescheinigt.
Ich bin froh ihn bis zum Schluss gesehen zu haben und hatte noch Zeit den Schmerz mit meiner Schwester und der Familie zu teilen. Es war für ihn, der immer so mobil war, ein Segen, denn seit drei Tagen war er selbst zu schwach, um in den Rollstuhl gesetzt zu werden - von Lebensqualität ganz zu schweigen. 

Sieben Stunden später hebt mein Flieger nach Kolkata ab - er ist nur halb besetzt - ich habe Platz und lege mich ausgestreckt über drei Sitze und falle in unruhigen Schlaf.






Als ich in Delhi ankomme, habe ich fünf Stunden Aufenthalt - Zeit den Abschied schriftlich  zu verarbeiten. Solchermaßen innerlich gestärkt, erreiche ich das quirlige Kolkata gegen 16.30 h des nächsten Tages. Ich teile ein Prepaid-Taxi mit Paolo, dem Italiener, der hier an irgendeinem sozialen Projekt arbeitet und finde in der 'Sudder Street', der 'Khao San'-Road Kolkatas, eine akzeptable Bleibe im Hotel 'Maria'.
Trotz Reise- und Indienerfahrung ist Kolkata ein erneuter Kulturschock. Die Werbung ist: 'Incredible India' - besser passen würde 'Undiscribible India' - trotzdem werde ich versuchen, meine Eindrücke zu beschreiben. Vielleicht ist die Fortsetzung meiner Reise die beste Linderung des Verlustschmerzes in meinem Inneren.

Sonntag, 23. März 2014

Schwarze Tage: Hanoi - Kuala Lumpur - Frankfurt

Happy Birthday: Moning Glory Salad mit Beef
 
An meinem Geburtstag regnet es in Strömen und ich erhalte die Nachricht, dass es Paps sehr schlecht geht. Ich reise unmittelbar von Hai Phong nach Hanoi, um einen Rückflug für den 10.3. zu buchen.

 
Um Zeit totzulaufen, umrunde ich mehrfach den nieselregenverhangenen Hoan-Kiem-See und schöpfe Kraft beim Anblick der Aerobic-Gruppe, die mit 'Never give up'-Shirts zu peppiger Musik ihre Hüften schwingt. Einige Damen sind über 80, fordern mich zum Mitmachen auf und wollen dringend aufs Gruppenfoto ; )


   

 

Nach einer schlaflosen Nacht buche ich den Flug - ziellos schlendere ich durch die Altstadtgassen und lenke mich mit Fotografieren ab - nach der zweiten gefühlt schlaflosen Nacht erhalte ich eine Mailnachricht die Flugbuchung könne NICHT bestätigt werden - ich denke, Schicksal; vielleicht sehe ich die Dinge zu schwarz - vielleicht sollte ich in Indien noch Holi feiern und dann am 18.3. zurückfliegen - ich buche einen Flug für dieses Datum, um in Kalkutta keinen Stress damit zu haben. Mein Visa für Vietnam läuft am 11.3. aus - ich muss also den Indienflug über Kuala Lumpur an diesem Tag ohnehin antreten.


 


 
Nach einer dritten Nacht mit nur 5 Stunden Schlaf - den Rest der Nacht grübele ich - bin ich um 7.00 h am Flughafen in Hanoi - wie kann ich weitere sechs Tage mit der Angst leben und Holi feiern - der Gedanke an das chaotische Kalkutta und die Zugfahrt nach Santiniketan überfordern mich zusätzlich - kein Infoschalter besetzt im Airport - bei Vietnam Airlines erfahre ich, kein Frankfurt-Flug den ganzen Tag; nur ein Flug über Saigon um 23.30 h ...
Ich steige in den ersten Flieger und bin um 13.45 h in Kuala Lumpur. 'Everybody gets a second chance' und 'you can do it, if you really want' im Kopf, möchte ich meine 9 Stunden Zwischenstopp vor dem Flug nach Kalkutta nutzen, um erneut zu versuchen einen Frankfurtflug zu buchen. 
Ich muss dazu vom 'Domestic Airport' zum 'International Airport'. Ich tausche 5 Euro in Ringit, besorge mir ein Sandwich mit Beef - göttlich - ich hatte weder den Abend zuvor, noch morgens vorm Flieger etwas gegessen und Air Asia bot nichts während des Fluges an - setze mich in den Shuttle-Bus und erreiche gegen 14.00 h den anderen Flughafen.
Mehrere Infoschalter, nette Leute - alle sprechen Englisch - 'yes, we check the possibilities for you' - wie schön !

Wartehalle Kuala Lumpur Airport
 Drei Stunden brauche ich dann, bis der Flug wirklich gebucht und bezahlt ist, - kein Schnäppchen so kurzfristig - denn die ATM- Automaten haben wiedermal ein niedriges Limit und spucken nur einmal pro Tag Geld; die Visacard funktioniert hier auch nicht und die Lady der 'Agency' bucht schließlich einen Teilbetrag bar und einen Teilbetrag über Visa über ihr Hauptbüro mit Angabe der Nummer.
Mir ist alles egal - gegen 18.00 h maile ich nach Frankfurt, dass ich unterwegs bin und sinke erschöpft auf zwei Flughafensitzen zusammen. Den Fuß in die Schultergurte des Handgepäcks gewickelt, den Hut über dem Kopf versuche ich zu entspannen und dämmere drei Stunden im Halbschlaf vor mich hin.

Gegen 21.30 h checke ich das Gepäck ein; aber der Abflug ist verspätet - erst um 00.30 h startet der Flieger - ich bin jetzt seit 18 Stunden unterwegs.
Um 1.30 h zwinge ich mir im Flieger Fisch mit Reis rein und bin danach erstmal wieder wach. Ich plaudere mit meinem linken Sitznachbarn und gegen  4.00 h beschließen wir doch ein bisschen zu ruhen. Vermutlich schlafe ich tatsächlich ein wenig, bevor es gegen 7.00 h ein Frühstück gibt. gegen 10.30 h wird es quälend - ich wandele im Gang auf und ab und möchte endlich da sein. Für mich 12.20 h; aber wegen der Zeitverschiebung 6.20 h in Frankfurt landet der Flieger und kurz darauf umarme ich meine Schwester, die mich am Flughafen abholt - 30 Stunden war ich unterwegs.

Nach heißer Dusche und Kaffee besuche ich meinen Vater in der Klinik in Hofheim.
Er ist kaum wiederzuerkennen und obwohl er mich erkennt, kann er nicht sprechen und es geht ihm sichtbar schlecht. Nach dem ersten Schock bin ich froh gekommen zu sein.


Die nächsten 12 Tage vergehen wie in Trance: Ich fühle mich 'zwischen den Welten' und jedenfalls nicht zu Hause. Täglich bin ich drei oder vier Stunden im Krankenhaus - Gespräche führen, ihn füttern, gemeinsam Zeitung lesen und Reisebilder gucken ...
Letztlich ist es eine sehr intensive Zeit mit ihm, die ich nicht missen möchte.                                             Nach der ersten Tiefphase geht es ihm erfreulicherweise besser; aber es gibt ständig Schwankungen und viel essen möchte er nicht. Immerhin plant er wieder für seinen 80. Geburtstag im Juni - ein gutes Zeichen, wie wir alle hoffen.

Das Holi-Festival, auf das ich drei Jahre hingeplant und meine Reisedaten darauf abgestimmt hatte; es findet in Santiniketan, der Universitätsstadt Rabindranath Tagores, am 16./17.3. bei Vollmond ohne mich statt. Mein Couchsurfer Mizanur schickt mir wunderschöne Bilder ...






Ich besuche Freunde, telefoniere viel und versuche den grässlichen Husten, den ich mir in der deutschen Kälte am dritten Tag geholt habe, in den Griff zu kriegen.

Nach einem Krankenbesuch mit meiner Tochter, die für drei Tage aus Aberdeen angereist ist, buche ich einen Flug nach Kalkutta für den 24.3. - wenigstens vier Wochen Indien möchte ich noch dranhängen um meine Reise abzurunden ... - dass ich die Reise so wie vorher genießen kann, glaube ich nicht; aber ausprobieren muss ich es, denn diese Reise ist für mich zu einer solch wichtigen Erfahrung geworden, dass ich sie einfach abschließen muss.