Anna aus München, 21 Jahre, seit fast einem Jahr in Australien unterwegs, lerne ich über einen Aushang im YHA kennen. Wir teilen uns Sonntagabends eine Pizza und besprechen unsere Pläne. Während sie montags noch eine Weintour gebucht hat, mache ich die Runde bei fünf Autovermietern. Hertz ist indiskutabel teuer, Thrifty ausgebucht - Europcar ist noch am günstigsten, so dass ich dort zusage.
DIENSTAG: Früh um 8.00 h holen Anna und ich das Auto ab, laden im Hostel das Gepäck ein und machen uns auf den Weg zum Strand. Das Wetter ist traumhaft, der Strand leer und das Wasser kalt. Gegen 11.00 h sind wir über den Princess Highway und die 'Murray Bridge' unterwegs nach Meningie. Wir passieren Tailem Bend, ein historisches Wildwestvillage, das ziemlich kitschig rüberkommt und lassen entlang des Lake Albert auch Meningie hinter uns.
Gegen 16.00 h sind wir in Salt Creek, wo wir uns spontan in einer 'Cabin' einmieten, ein Kayak ausleihen und zwei herrliche Paddel- und Schwimmstunden auf dem Lagunensee verbringen. Pelikane schauen uns beim Paddeln zu und jede Menge Seevögel sind auf Nahrungssuche.
MITTWOCH: Nach komfortabler Übernachtung im Roadhouse tanken wir in Kingston, wo ein 17 Meter hoher Lobster am Straßenrand Werbung macht und erreichen über Lucindale den Ort Naracoorte, in dessen Nähe wir eine Tropfsteinhöhle besuchen - nichts Ungewöhnliches, aber nett anzuchauen.
Alexandra-Cave |
Am Straßenrand gibt es immer wieder Tiere zu sehen - so zum Beispiel eine kleine Sumpfschildkröte. Kurz vor Edenhope wechseln wir den Bundesstaat und fahren nun in Victoria weiter Richtung Horsham zum 'Grampions Nationalpark'. Noch immer ist das Wetter klasse und ich freue mich aufs Wandern.
An einem kleinen See, wo die Sonne schon tief steht, wollen wir im Auto übernachten und treffen Sebastian, der uns einen Platz etwas vom Highway entfernt zeigt. Zu dritt verbringen wir einen Plauderabend bei Käsebrot und Rotwein mit herrlichem Sonnenuntergang. Sebastian kündigt uns für die nächsten Tage schlechtes Wetter, Regen und Temperatursturz an - Anna glaubt es ihm nicht ... - ich seufze nur innerlich - leider sollte er Recht behalten.
McKenzie-Falls |
DONNERSTAG: Früh um 7.00 h lassen wir Sebastian in seinem Zelt hinter uns und erreichen über Laharum schnell den Nationalpark, wo wir Richtung Halls Gap zum McKenzie Fall fahren.
Ein steiler Abstieg bringt uns zum Wasserfall - eine Schulklasse ist dort am Schwimmen - trotz Verbotsschildes - in Deutschland undenkbar !
Wir gehen zurück zum Auto, holen die Schwimmsachen und wandern erstmal eine Stunde weiter zum Fishfall - auf dem Rückweg gehen wir dann schwimmen - nicht direkt am Verbotsschild; denn trotz Bewölkung ist es noch relativ warm. Auf einer Wiese sehen wir bei der Weiterfahrt Dutzende Känguruhs in der Nähe grasen.
Der Weg zu einem weiteren Trail wird uns zum Zeitproblem: Wir verfahren uns hoffnungslos in kleinen Gravelroads und kehren schließlich um. Erst gegen 16.30 h erreichen wir die Beevies Falls', wo wir noch einen landschaftlich sehr schönen Trail nach oben steigen, aber nicht mehr ganz zuende gehen, weil wir noch vor Dunkelheit einen Übernachtungsplatz finden müssen.
Um 18.00 h sind wir zurück am Parkplatz und fahren zum 'Troopers Creek'-Campground, wo wir unsere letzte Fleischdose kalt essen und eine zweite Autonacht, die merklich kühler ist, verbringen. Kein Ranger kommt zum Abkassieren, also zahlen wir auch nichts ; )
FREITAG: Nachts hat es in Strömen geregnet - morgens ist es eiskalt und windig - ganze 10 Grad Celsius ! Die Wolken hängen tief - also streichen wir die vierstündige Wanderung zum Mt. Difficult und fahren weiter bis Halls Gap, wo es Einkaufsmöglichkeiten, Infos und einen heißen Kaffee gibt. Da es trocken bleibt, wandern wir gegen 11.00 h los zu den 'Pinnacles' - eine superschöne Wanderung steil bergauf zu einem Aussichtsplateau - bloß das halt die Aussicht fehlt !
Wir schaffen noch ein windschattiges Picknick zwischen den Felsen, bevor uns auf dem Rückweg endgültig der Regen im Eiltempo den schlüpfrigen Fels hinunter treibt. Ich rutsche mehrfach aus, aber glücklicherweise hält das Knie. Ziemlich nass steigen wir ins Auto und fahren weitere 90 km im Regen bis Port Fairy, wo wir in einem kuschelig kleinen YHA ein süßes kleines günstiges Zimmer kriegen. Wir kaufen ein und genießen nach heißer Dusche und Reisgericht das gemütliche beheizte Wohnzimmer, wo wir uns bei einem Rotwein zu viert den 'Club der Teufelinnen' im Riesen-TV anschauen, während es draußen in Strömen gießt.
'London-Bridge' ohne Brücke |
SAMSTAG: Es regnet und stürmt die ganze Nacht und nach Luxusfrühstück und Verlust meines Pauashell-Rings aus Neuseeland fahren wir auch im Regen über Warrnambool bis Peterborough im Zick-Zack durch Rinder- und Schaffarmland.
Den ersten Aussichtsparkplatz der Great Ocean Road absolvieren wir noch nass - ab 'Grotto' und 'London Bridge' - die 1990 noch begehbar war, aber unter den Augen zweier Touristen, die auf der neu entstandenen Insel mit dem Helikopter gerettet werden mussten, zusammenbrach - ist es dann wenigstens trocken; aber ein heftiger Wind bläst uns fast über die Klippen.
Die '12 Apostel' - Fels im Vordergrund 2005 gestürzt |
Nach Kaffeepause in Port Campbell liegt der 'Arch Gorge' mit mehreren Aussichtspunkten kurz im Sonnenschein. Die berühmten '12 Apostel' sind höchstens zu siebt - 2005 brach ein großer Turm um - und touristisch total überlaufen. Nach kurzem Picknick im Wind steigen wir die 'Gibson Steps' runter zum Strand und wandern zwischen Dutzenden toter Kormorane, die der nächtliche Sturm wohl an die Klippen geworfen hat, am Strand entlang.
Nachmittags fahren wir über eine abenteuerliche Steilstraße hinab zum 'Johanna-Beach', einem Surferstrand, wo wir auf einem Free-Campground die dritte Autonacht verbringen.
SONNTAG: Steif und müde nach kalter Nacht machen wir eine Strandwanderung durch die Dünen entlang des 'Great Ocean Walk' (als Viertagestour wanderbar) und treffen auf eine große Echse, die sich widerstandslos ablichten lässt . 15 Grad sind zum Baden zu kalt, also geht es weiter zurück zur Küstenstraße.
Schon bald darauf ist das 'Lighthouse' von Cape Otway ausgeschildert. Wir biegen ab, fahren durch dichte urige Eukalypthuswälder und da sind sie endlich: Koalas !
Nein, nicht nur die Straßenschilder - auch die Echten !
Zunächst sitzt ein knuffiges Einzelexemplar mit Knopf im Ohr in Streichelhöhe in einer Astgabel am Straßenrand. Kurz darauf sehen wir auf mehrere Bäume verteilt bestimmt ein Dutzend schlafend, kletternd und fressend - flankiert von einer Horde knipsender Touristen.
Die Tierchen haben die Ruhe weg und lassen sich durch nichts stören - wir bleiben sicher eine halbe Stunde - wen interessiert da noch ein Leuchtturm ; )
Na gut, Anna interessiert er - sie zahlt sogar 18 Dollar Eintritt dafür, während ich einen Spaziergang mache und Tagebuch schreibe. Anschließend geht es weiter bis Apollo-Bay - immer wieder unterbrochen von Koala-Stopps oder schönen Meeresblicken.
Die Küstenstraße ist nun malerisch, aber eng und kurvenreich - anstrengend zu fahren. Da Anna mich nicht ablösen kann (unter 25 Jahren müsste sie täglich 30 Dollar extra zahlen, um als Fahrer eingetragen zu sein !) , bin ich in Lorne absolut platt und wir checken im einzigen Hostel ein, das leider für ein schlechtes Bett (stellt sich erst nachts heraus) horrende 35.- Dollar verlangt. Der Garten ist jedoch schön; Dutzende Aras fliegen umher und das Bier schmeckt in der hervorkriechenden Abendsonne herrlich.
MONTAG: Ich erwache frierend (feuchte Laken), unausgeschlafen und mit Rückenschmerzen und flüchte raus in die Sonne zum Frühstück mit Aras, die sich frech auf den Brotbeutel stürzen. Erfreut über die Sonne wandern wir vor der Stadt ein kurzes Stück zum Sheoak-Wasserfall - aber ich bin hundemüde und so trinken wir am Fischerpier, wo wir Kormorane und einen Seehund beobachten noch einen Kaffee, bevor wir weiterfahren.
Bei Aireys Inlet machen wir noch einen windigen Leuchtturmspaziergang - bei Anglesea endet, bzw. beginnt die 'Great Ocean Road', die nach dem zweiten Weltkrieg tatsächlich angelegt wurde, um arbeitslosen Kriegsheimkehrern Arbeit zu beschaffen. Erst in den siebziger Jahren wurde sie dann zur Touristenattraktion.
Nun muss ich mich durch die zahlreicher werdenden Straßen um Geelong bis Melbourne durchschlagen.
Bevor der Verkehr zu dramatisch wird, saugen wir das Auto aus und räumen ein bisschen - am Highway kaufen wir bei ALDI ein (heimische Gefühle und Preise !) und gegen 17.00 h stehen wir auf der 'Westgate' im Verkehrsstau zur Innenstadt. Völlig hilflos, wie wir hier YHA oder Parkplatz für die Nacht finden sollen, taucht urplötzlich ein 'Europcar' am linken Straßenrand auf und der Schalter ist um 17.25 h noch besetzt !
Anna springt raus und der Mann ist bereit uns das Auto sofort zurückzunehmen (Rückgabe normalerweise am nächsten Morgen um 8.00 h) und uns sogar noch mit Gepäck am YHA abzusetzen. Das ist wie ein Sechser im Lotto ; )
In aller Eile stopfen wir unseren Kram in Rucksack, Tüten und Taschen... - und nun kommt der haarsträubende Teil: Ohne mit der Wimper zu zucken sticht der gute Mann im rechten Winkel nach rechts zwischen die dreispurig fahrende Wagenschlange, überfährt nach rechts drehend eine gelbe erhabene Sperrmarkierung der Straßenbahn, weicht nach links fahrend einer Bahn aus, überfährt auf der anderen Schienenseite eine zweite gelbe Sperrmarkierung und schlägt im von links kommenden Verkehr eine Rechtskurve ein, so dass er zum zweiten Mal die Bahnspur kreuzend und den fließenden, von links kommenden Verkehr kreuzend in die Auffahrt einer vorher hinter uns liegenden Tankstelle links einbiegen kann. (Dafür wäre er in Deutschland den Lappen los gewesen !)
Mein während der Aktion schüchtern vorgebrachtes 'you really think this is a good idea ?' - beantwortet er danach locker mit 'you see, this was easy !' - lässt mich volltanken und einen Zettel unterschreiben - blickt sich kurz im Wagen um, nickt und wünscht uns beim Absetzen am Hostel eine gute Weiterreise ! So einfach kann's gehen, Leute !
Die nächsten 24 Stunden verbringe ich mit schlafen, Wäsche waschen, blog schreiben und Regen angucken - morgen, ja morgen werde ich mir Melbourne anschauen und überlegen, wie ich nach Tasmanien komme !
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