Mittwoch, 24. Juli 2013

Temperatursturz im Pantanal

Nach einer Hostelnacht in Santos geht es flott zum Flughafen Congonhas im Süden Sao Paulos. Drei Stunden warten, eineinhalb fliegen, zwei Stunden warten, dreieinhalb fahren - und schon bin ich in Miranda, wo es schwülwarme 28 Grad hat ; )






Heissa, denke ich noch morgens beim Sonnenaufgang, das wird ein toller Tag !
Dirceu, das Schlitzohr, mein Taxidriver, schmeißt mich unnötigerweise um 6 Uhr aus dem Bett und fährt mich für viel zu teures Geld viel zu früh in 30 Minuten zur Fazenda 'San Francisco', wo ich den vollen 'Daytrip' mit lunch plus den 'Animalnightwatch' gebucht habe.








Nun warte ich erstmal wieder eineinhalb Stündchen bis es losgeht - dann scheucht uns die korpulent-resolute Eliane auf den Safariwagen und los geht es.
Rote Holperstaubstraße, weites, endloses Gras- und Buschland, hier und da mit Baumbestand, Graureiher, weiße 'Voo das Garces', Schwärme von kleinen grünen Papageien, Fischadler, Jabirus (größte Storchenart), Kingfisher und viele andere kleine Vögel ringsum.
Hier ein Hirsch, dort eine Gruppe Wasserschweine, weit, weit, noch weiter weg ein schwarzer Hügel - ein Ameisenbär - aha !


Entlang eines Wasserkanals 'Jacaré - Kaimane, zwischen 15 cm und 1,50 m in allen Gößen - und immer wieder Vögel. Gegen halbelf beim Fußweg über einen Holzsteg, der durchs flache Wasser führt, sehen wir keinerlei Tiere (ungewöhnlich viel Regen im Mai und Juni !), obwohl es hier verschiedene Affenarten, Tapire, Tukane, Schlangen etc. geben soll, aber heftiger Wind kommt auf und fette Wolken hängen immer tiefer.




Auf der Rückfahrt drückt sich jeder in den Windschatten des Vordermannes - längst ist es mir in meiner Strickjacke zu kalt. Nach einem fantastisch leckeren Mittagsbuffet trete ich vor die Tür und zucke regelrecht zurück vor der plötzlichen Kälte. Pünktlich um zwei, als wir zur

Regen ?  Keep smiling !
Bootstour aufbrechen, regnet es in Strömen.
Das nette niederländische Pärchen trifft es in Shorts völlig unvorbereitet; ich helfe mit meinem Regencape aus und ziehe selbst die Jacke an, was dazu führt, das meine Beine binnen Sekunden nass sind. Das Boot selbst ist überdacht, aber der Wind bläst heftig.
Die Tiere tun das, was bei diesem Sauwetter jedes intelligente Lebewesen tun würde - sie verstecken sich.
Ein einsamer Fischadler beobachtet uns Verrückte, wie wir im strömenden Regen mit kleinen Bambusangeln noch kleinere Fischchen mit klitzekleinen scharfen Zähnchen fangen und damit
die herbeieilenden Kaimane zum Hopsen animieren.
     
Den Piranhas vergeht das Grinsen zappelnd am Bootsdeck, die Kaimane lächeln starr,  bevor sie zuschnappen.
Des einen Freud ...
- ist des anderen Leid





... - und den letzten Happen erwischt der Fischadler im Flug beim Fotoshooting  - mein Auslöser oder meine Zielgenauigkeit sind mal wieder zu langsam - aber das Bild in meinem Kopf ist großartig !

Pünktlich zur Rückkehr hört es auf zu regnen und während sich Mensch und Papagei auf heißen Kaffee und krümligen Kuchen stürzen, kann frau das sinkende Thermometer fast vergessen.
Das Nightwatching ist allerdings nur noch eine Farce - außer einer Eule und zwei Rehen - nichts !
Dafür Bibbern wir um die Wette:  Trotz Fleecehose und Jacke bin ich total durchfroren, nichtsahnend, dass mir noch weitere eineinhalb Stunden 'Staubstraßenrodeoritt'   im Jeep zu Lucianos Farm bevorstehen.

Als ich dort gegen 23.00h einteffe, empfängt er mich rührend bemüht mit der Aussicht auf ein heißes Bad. Allerdings gibt es weder Strom noch heißes Wasser, so dass er kochtopfweise heißes Wasser in die Wanne füllt.
Das Thermometer im Haus zeigt 9 Grad Celsius und eine Luftfeuchte von 78% an - am nächsten Morgen sind es 8 Grad und nach der zweiten Nacht 5,5 Grad und 87% Luftfeuchte - gefühlt antarktisch !



Trotz der Kälte genieße ich zunächst die Ranchatmosphäre, helfe beim Kälberwiegen im Gatter - Klappe auf, Klappe zu - und reite dann mit den 'Peao' die Rinder zurück auf die Weide zu bringen.
Mittags gibt es leckeres Lamm mit allerlei Beilagen und gebackenen Bananas - nachmittags ist sogar das heiße Wasser repariert, so dass ich abends das rettende Aufheizbad nehmen und mit Fell und auf dem Ofen geheiztem Wärmeeisen im Bettverschwinden kann.

 




Dennoch hinterlässt die zweite kalte Nacht Spuren: Kopf- und Halsschmerzen, die im Bus nach Bonito schlimmer werden, so dass ich dort den Rest des Tages (ebenfalls keine Heizung) im Hotelbett mit doppelt dicker Kuscheldecke verbringe.




Morgens dann früh raus zur Gruta do Lago Azul 20 km vor Bonito fahren und staunen: Ein Supersteiler Felsschlund - ganz unten superklares azurblaues Wasser, das nur zwei Mal im Jahr für 30 Minuten die Sonne sieht. Dafür sehen wir den ersten Sonnenstrahl durch die Wolken brechen, als wir wieder aufsteigen - schlagartig gefühlte 5 Grad wärmer - es geht ohne Mütze und Handschuhe ; )
Zurück in Bonito ist der Himmel strahlend blau und die Sonne herrlich - die Luft noch immer kalt ...

Tja, und in Deutschland ist gerade Sommer - 30 Grad - wie schön ; )











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